Im Nebelwald

Kurz nach 13:00 Uhr treffen wir uns mit Freunden am Lebensort zum Spazierengehen. Eigentlich sollte heute der sonnenreichste Tag der Woche werden. Doch bei uns liegt alles in dichtem Nebel verborgen. Grau in Grau so zu sagen. Sonst hätten wir unser Ziel direkt vor Augen. Der Dezemberjungen hat sich schon seit ein paar Tagen (oder sind es nun schon Wochen) gewünscht, mal wieder zum Hohenneuffen zu wandern. So machen wir uns auf und laufen die bekannten Wege hoch. Das Septembermädchen sucht sich unterwegs Bucheckern. Die schmecken so gut. Doch nicht jede kann man noch essen. Ein paar fangen dank des milden und feuchten Wetters bereits zu keimen an. Diese Babybuchen werden vom Septembermädchen liebevoll im feuchten Laub gut versteckt, damit keiner auf sie drauf tritt und sie gut weiter wachsen. „Mama es riecht so gut nach Wald und Winter“ stellt das Septembermädchen kurze Zeit später fest. Recht hat sie. Es ist wunderbar im Wald. Trotz oder gerade wegen des Nebels, wer weiß. Und irgend wann beim hinauf gehen stelle ich fest, dass sich der Blick ändert. Oder das Licht? Es lichtet sich der Nebel und wir sind über den Wolken. Äh nein, den der Himmel ist nach wie vor grau. Wir sind dazwischen. Zwischen Nebel und Wolken. Und der Blick aus dem Wald lässt erahnen was wir gleich zu sehen bekommen. Doch am Ende wird es noch faszinierender und wunderbarer. Unter uns nur Nebel, ein weißes weiches Wattemeer. Die Alb erhebt sich daraus empor. Mystisch. Doch nicht nur der Nebel trägt dazu bei. Dieses Licht ist unwirklich, von einer anderen Welt. Fast. Denn das was wir sehen ist der Gelbschimmer des Saharastaubs der sich über uns ausbreitet. Staunend stehen wir und schauen. Ein Moment den wir so wahrscheinlich nicht noch mal erleben werden.

Der Jusi erhebt sich aus dem Nebel. Die Handykamera des Herzensmannes kann das Licht besser einfachen als meine…

Draußen

Gestern war tollstes Sonnenwetter und wir sind am Nachmittag los gezogen. Mit Punsch und Restegebäck von Weihnachten im Gepäck gab es einen unerwartet glatten Aufstieg auf den Jusi. Runter ging es zwischendurch recht schnell auf dem Hosenboden. Aber nur so lange der Po nicht zu kalt wurde. Bilder gibt es nur von oben. Denn das fühlte sich an wie im Skiurlaub oder so. Und beim Abstieg mussten wir dann doch etwas besser aufpassen. Für mich sind es gute Laune Fotos und davon kann es im Moment nicht genug geben.

Unterwegs zwischen Heimat und Zuhause

Wir sind zum Kaffee mit unserem Makler auf unserem Lebensort verabredet. Er hatte uns bei der Übergabe im Herbst einen Feigenbaum versprochen. Nun ist es soweit und wir bekommen einen wunderschönen Feigenbaum geschenkt. Nebenbei plaudern wir über dies und das. Er schaut sich interessiert um, was sich so alles getan hat. Der Garten interessiert ihn auch, werkelt er doch selber gern in seinem Garten und probiert dieses und jenes aus. Ja, wir verstehen uns gut mit „unserem“ Makler. Das Wetter ist allerdings nicht ganz so gemütlich und so verabschieden wir uns wieder. Mit dem Septembermädchen machen wir einen kurzen Spaziergang zum Tümpel. Dann ist es schon Zeit den Dezemberjungen beim Klassenkameraden abzuholen. Ich habe wenig Lust auf Auto fahren und müde erschöpfte Kinder. Ein Blick auf die Uhr sagt mir, dass ich noch genügend Zeit habe um nach Hause zu wandern. Pünktlich zum Abendbrot sollte ich wieder da sein. Perfekt. Und so mach ich mich auf den Weg. Der Herzensmann braust mit dem Septembermädchen im Auto davon.

Zwischen Lebensort und aktuellem Zuhause liegen 10 km. Eine Strecke die der Herzensmann schon öfter gelaufen ist, also schnell, so jogging laufen. Kein wandern laufen oder gar spazieren gehen laufen. Laufen und Laufen ist ja nicht dasselbe. Nun ja, ich wandere heute. Die Wegführung auf dem Handy dabei. Denn im Wald gibt es verschiedene Wege und es wäre nicht das erste Mal, das ich mich dort verlaufe. Da nimmt man einmal den falschen Abzweig. Das geht ganz schnell und einfach, denn der Wald ist mit Hügeln und Tälern durchzogen. Da geht kein Weg in die Richtung in die man denken könnte. Und so werfe ich regelmäßig einen Blick auf meine Karte.

Immer wieder macht der Weg Biegungen und Wendungen und so sehe ich immer wieder neue Blicke auf unserem Lebensort unten am Fuße der Burg. Es macht mich glücklich hier Leben zu dürfen. Ein Geschenk. Der Weg führt am Waldrand entlang und durch den Wald. Dann komme ich wieder aus dem Wald heraus und bin mitten in den Weinbergen des Nachbardorfs. Was für ein Blick. Ich kann das ganze Tal überblicken und weiter bis nach Stuttgart zur Messe. Auch der Fernsehturm ist zu sehen. Ich stehe und staune. Doch nicht nur der Blick lässt mich staunen. Auch die kleinen historischen Schätze und liebevoll gepflegten „Stückle“, wie man hier sagt, zeigen die Liebe der Menschen zu ihrer Heimat. Kleine restaurierte Weinbergshütten, überdachte Pressen mitten auf der Wiese zeugen von der Arbeit und dem Alltag der vergangen Generationen. Aber auch der Verbundenheit der Menschen mit der örtlichen Landschaft und Natur. Diese Verbundenheit bzw die Bestimmung des Alltags durch die Natur spüre ich auch, wenn wir Kirschen pflücken, der Zaun bei den Schafen abgebaut werden muss oder andere Aufgaben da sind, die jetzt gemacht werden müssen. Es fühlt sich anders an, als die Wäscheberge die warten oder eine EMail die geschrieben werden muss.

Dann tauche ich wieder ein in den Wald und komme auf vertrautere Wege. Hier bin ich schon öfter unterwegs gewesen, mit Kind oder Hund oder Pferd, je nach dem. Und das Gefühl verändert sich auch. Hier bin ich zu Hause. Doch es fühlt sich anders an. Es gibt eben doch einen Unterschied zwischen Zuhause und Heimat.

Im Zentrum

Ich wache auf. Es ist dunkel um mich. Ich höre, wie Regentropfen auf das Zelt tropfen. Wie die letzten Nächte also auch. Doch es hört sich stärker an. Der Nieselregen der letzten beiden Nächte war leichter, sanfter. Diesmal sind es schwerere Tropfen. Ich drehe mich um und versuche wieder einzuschlafen. Doch der Herzensmann ist nun auch wach. Er steht auf und fragt, ob noch jemand aufs Klo muss. Ich müsste, aber ich will nicht auf stehen. Nicht bei dem Regen. Auch mit dem Septembermädchen sollte ich aufs Klo gehen. Besonders wenn es jetzt noch regnet und das Wasser ringsum einen herum läuft. Aber ich wecke sie nicht. Hoffe, dass der Schlafsack trocken bleibt.

Also versuche ich erneut wieder einzuschlafen. Doch bevor ich weg nicke mischt sich ein neues Geräusch in das Pladdern des Regens. Es rumpumpelt und kracht. Ich frage mich, ob und wann ich schon mal ein Gewitter im Zelt erlebt habe. Wahrscheinlich irgendwann mal mit meinen Eltern. Aber erinnern kann ich mich daran nicht. Inzwischen sehe ich immer wieder das Zelt hell erleuchtet. Es zuckt gespenstisch über den Himmel. Die Perspektive aus dem Zelt trägt so einiges dazu bei. Doch noch kommen die Donner danach in ausreichendem Abstand. Das Krachen wird über unseren Köpfen hin und her geworfen. Es hallt von den Wolken wieder und wieder. Inzwischen überlappen sich die einzelnen Donnerschläge. Ich habe das Gefühl als kracht es genau um uns herum. Wie sicher bin ich eigentlich in einem Zelt? Sollten wir mit den Kindern ins Auto huschen? Doch dann sind wir nass und beide wach. Letzteres lässt bei dem Krach auch nicht mehr lange auf sich warten. Das Septembermädchen klammert sich an mich. Umschlingt meinen Arm und hält sich gleichzeitig die Ohren zu. Der Lärm ist inzwischen unglaublich. Der Regen prasselt aufs Zelt. Die Donnerschläge hallen über unseren Köpfen. Ich höre leises Gemurmel vom Herzensmann. Eigentlich liegt er direkt neben mir. Seine Worte kann ich nicht verstehen. Er versucht den Dezemberjungen zu beruhigen. Auch ich spreche mit dem Septembermädchen. Summe leise vor mich hin. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich damit eher mich beruhige oder das Septembermädchen. Wahrscheinlich beides. Dann mischt sich ein neues Geräusch in die Kulisse. Es klingt wie die Sirene aus meinen Kindheitstagen. Immer Mittwochs um drei. Dann wurden die Sirenen in der Stadt getestet. Irgendwann wurden sie abgebaut und durch irgendetwas Neues ersetzt. Dann war es still Mittwochs um drei. Als wir das letzte Mal meine Großmutti besuchten hörte ich sie wieder. Auf dem Land werden die Sirenen noch getestet. Doch nun mitten im Gewitter die Sirene zu hören war nichts was uns Sicherheit gab. Der Herzensmann dreht sich zu mir. Hörst du das auch? Ist das eine Sirene?, fragt er. Ich höre die Frage hinter der Frage. Den Zweifel. Doch bevor wir weiter darüber nach denken wird die Sirene wieder leiser. Am nächsten Morgen erfahren wir, dass der Blitz vermutlich in ein Haus in Prerow eingeschlagen hat.

Nun zieht das Gewitter langsam weiter. Das Septembermädchen schläft dicht an mich gekuschelt ein. Dass das Gewitter noch ein mal zurückkommt verschläft sie dann. Und ich liege im Zelt und denke darüber nach, dass es ja eigentlich auch Gewittern muss. Zu meinem Geburtstag gewittert es schließlich (fast) immer.

Winterausflug zum Filsursprung

Schon am Sonntag haben wir diesen Ausflug gemacht. Doch da ich immer wieder diese Woche daran dachte und die Bilder angeschaut habe, möchte ich ihn mit euch teilen.

Am Sonntag war die Schneepracht von Donnerstag und Freitag schon wieder verschwunden. Es waren fast 10°C und es fühlte sich, dank der Sonne, richtig frühlingshaft an. Wir wollten nach der langen häuslichen Zeit mal wieder einen Ausflug machen. Erst könnten wir uns nicht so richtig einigen. Doch dann waren alle einverstanden. So fuhren wir nach dem Mittag Richtung Wiesensteig zum Filsursprung. Im Sommer war ich dort schon mal mit den Kindern. Aufgrund der Trockenheit war nicht so viel Wasser da. So war ich neugierig ob jetzt mehr Wasser aus der Quelle kommen würde.

Schon auf der Hinfahrt merkten wir, dass ein paar Höhenmeter weiter oben durchaus noch Schnee zu finden war. So waren wir ganz gespannt, wieviel Schnee wohl noch da war. Am Parkplatz freuten wir uns, dass unser Schlitten schon den ganzen Winter über immer im Kofferraum ist. Gebraucht haben wir ihn bis dahin noch nicht. Doch jetzt konnte er zum Einsatz kommen. Denn es lag noch richtig viel Schnee. So viel, dass wir teilweise richtig eingesunken sind. Die Kinder fanden es natürlich super. Der ein oder andere Schneeball wurde geworden und auch die Hänge an der Seite getestet. So richtig gut ging das abfahren nicht, aber Spaß hatten wir trotzdem.

Am Ursprung der Fils gibt es ein kleines Häuschen zum Rasten. Das war unser Ziel. Am Vormittag hatte ich Muffins gebacken, die konnten an der frischen Luft verspeist werden und schmeckten natürlich ganz hervorragend. Und ich hatte kurz entschlossen noch die kleine Tüte mit Walnuss-Schiffchen eingepackt. Das Wasser an der Quelle fließt erstmal in ein kleines Becken. Dort haben wir dann auch ein paar der Schiffchen schwimmen gelassen.

Auf dem Rückweg wurde dann vor allem das Septembermädchen müde. Die Schneedecke auf dem Schotterweg war nicht dick genug zum Schlitten ziehen und drauf sitzen. So mussten beide Kinder laufen. Gar nicht so leicht. Denn ich war auch noch nicht kräftig genug, das Septembermädchen zu tragen. Doch am Ende erreichten wir alle das Auto und erinnern uns nun immer gern an diesen Winterausflug.

Von der Teck zum Breitenstein: Kilometer 40 bis 45

Die Idee, den Nordalbrandweg zu wandern, bekam ich auf einer Wanderung, die nun schon vier Jahre zurück liegt. Damals waren wir bereits zu dritt. Der Dezemberjunge saß in der Trage auf meinem Rücken und hatte den bequemsten Platz. Wir starteten nicht direkt an der Teck, sondern unterhalb vom Wanderparkplatz aus. Davon gibt es zwei. Wenn man von Owen den Berg hinauf fährt, biegen wir nach rechts zum ersten Parkplatz ab. Am Ende des Parkplatzes ist eine Schranke. Hier beginnt der Wanderweg. Doch manchmal dauert es etwas bis die Wanderung beginnen kann. Bei schönem Wetter versammeln sich, auf der Wiese unterhalb des Parkplatzes, Modellflieger. Da heißt es erst Mal beobachten. 

Der Weg führt dann durch den Wald. Leicht bergab geht es bis zu einem Sattel, dann wieder bergauf auf schmalen Pfaden. Die Burgruine Rauber liegt als nächstes auf dem Weg. Weiter geht es bergan. Der Weg gleicht mehr einem Pfad. Wir passieren eine Grillwiese und stehen dann an Pferdeweiden. Wir sind wieder oben auf der Alb und haben die Diepoldsburg erreicht. Ab hier führt der Weg uns entlang der Landstraße. Ein gutes Stück laufen wir nun auf Aspahlt. Der Grund, warum ich keine Lust habe, die Wanderung erneut zu machen. Viele Autos fahren hier nicht, denn es ist eine Sackgasse. Trotzdem gibt es weitaus schönere Wege. Am Ende der Aspahltstrecke kreuzen wir den Albaufsteig bei Ochsenwang. Nun sind es nur noch wenige Meter. Der Feldweg führt uns zum Breitenstein. Auf der Wiese tummeln sich bei schönem Wetter Menschen. Aus den Feuerstellen steigt Rauch auf. Und der Blick hinunter ins Tal und hinüber zur Teck ist fantastisch.  

 

Kilometer 10- 39: Von Bad Urach bis zum Schloss Lichtenstein

Lang ist es her seit unserer letzten Wanderung. Die Wochenenden waren verplant oder es gab eine Krankheit und es brauchte Ruhe. Doch nun hatte ich Zeit. Ein ganzes Wochenende. So beschloss ich den Sonntag zu wandern. 

Zeitig ging es los. Bereits 8:00 Uhr sitze ich im Zug. Von uns nach Bad Urach dauert es nur eine halbe Stunde. Ein Mal umsteigen in Metzingen. Ich muss Staunen beim Anblick des Zuges. Er ist voll. Heute ist auch der Ermstalmarathon. Die Läufer starten zum Teil in Bad Urach und laufen wieder nach Metzingen. Ich steige eine Station später aus. So sieht also der Zug normalerweise am Sonntag 8:30 Uhr aus: leer. 

Ich laufe los. Außer ein paar Hunderundengänger bin ich allein im Wald. Der Weg führt mich durch den Wald zum Wasserfall. Hier ist es mir noch bekannt. Wir waren schon öfters hier. Immer wieder bin ich verzaubert. Verzaubert vom plätschern des Baches. Verzaubert von den freigelegten und verwitterten Wurzeln. Verzaubert vom Wasserfall, der sich gut gefüllt, dank der nächtlichen Regenschauer, über die Felskante ergießt.  

 So kletter ich neben dem Wasserfall weiter bergauf. Im Wald ist es kühl und feucht. Es fühlt sich ein bisschen nach Regenwald an und so wird mir schnell warm. Die Treppen führen bis zur Wasserfall Hochwiese, wo gerade die Hütte aufmacht. An einem Sonntag wird hier später viel los sein. Jetzt treffe ich auf Schnecken. Langsam und bedacht kreuzen sie meinen Weg. Ohne Eile kriechen sie Stück für Stück vorwärts. Ich sollte mir, nicht nur heute, ein Beispiel an ihnen nehmen, denke ich.  

 Weiter geht es auf meiner Wanderung. Vom Uracher Wasserfall führt der Weg mich an den Rutschenfelsen vorbei bis nach St. Johann. Der Fohlenhof liegt ruhig da. So wie immer, wenn wir ihn besuchen. Die Fohlen sind auf den Weiden um den Hof. Die Sonne scheint. Landidylle pur. Die sonntägliche Ruhe auf dem Land ist besonders und hat für mich eine starke Anziehungskraft. Sofort bin ich ganz bei mir, in einer Zeitlosigkeit wandere ich weiter. 

Die Ruhe währt nicht lang. Am Fohlenhof vorbei führt der Weg in den Wald. Die nächste Station die Hohe Warte finde ich nicht gleich auf Anhieb. So befinde ich mich plötzlich irgendwo im Wald und vermisse die roten Dreiecke, die sonst so verlässlich den Weg markieren. Am Ende bleibt mir nichts anderes als zurück zugehen. Und da sehe ich dann auch das kleine Schild, welches direkt nach dem Abbiegen in den Wald, vom großen Hauptweg auf einen schmalen Waldweg zeigt. Den richtigen Weg vor mir, fühle ich mich dann wieder wohler. Es dauert auch nicht lange, bis der Turm auf der Hohen Warte mir entgegen schaut.  

 So langsam habe ich Lust auf eine Pause. Eigentlich wollte ich diese an der Hohen Warte verbringen. Doch irgendwie ist mir unwohl. So mitten  im Wald allein. Außerdem möchte ich heute noch bis zum Schloss Lichtenstein. Bis dahin sind es noch einmal 20 Kilometer und so zieht es mich noch ein Stück weiter. Weiter bis zum Gestütshof und noch weiter. Immerwieder stecke ich mir kleine Etappen Ziele, doch eine richtig schöne Raststelle finde ich nicht. So sitze ich dann irgendwann einfach auf einem Stapel Baumstämme am Wegesrand.  

 Ab dem Gestütshof ist der Weg auch wieder neu für mich. Am Wanderheim Eninger Weide und am Speicherbecken von Glems höre ich ab und zu Posaunenmusik. Die Lieder sind mir alle vertraut. Irgendwo ist ein Gottesdienst im Grünen. Inzwischen sind ein paar mehr Menschen unterwegs. Und dann komme ich auch an der Gottesdienstwiese vorbei. Auch hier ist Aufbruchsstimmung. Für mich geht es nun in die zweite Hälfte der Tour.  

 Auch die zweite Hälfte der Tour ist eine sehr schöne Strecke. Sie führt mich an einem weiteren Hof vom Marbacher Landesgestüt vorbei, dem Schafhof. Der Weg führt mich nun auch immerwieder übers Feld und nicht nur im Wald entlang. Außer einer Schafherde treffe ich wieder nur wenige Menschen. Vorbei geht es am Segelflugplatz Ubersberg. Das Surren, wenn die Flieger in die Luft gezogen werden, begleitet mich noch eine Weile durch den Wald. Ich muss an meinen ersten und bisher letzten Segelflug denken. Kurz war er. 

Das letzte Drittel der Etappe läuft durch den Wald. Lange Strecken geht es direkt an der Albkante entlang. Durch die Bäume kann ich nur ab und zu einen Blick ins Tal erhaschen. Nun muss ich auch immerwieder auf dem schmalen Weg ausweichen. Sonntagnachmittag ist die Zeit der Radfahrer. Mit einem wahnsinns Tempo kommen sie von hinten angesaust. Wenigstens ist es still, da höre ich sie schon eine Weile durch den Wald heran fahren.  

Und dann stehe ich auf einer Burgruine. Vor mir erstreckt sich der grüne Albtrauf. Am Horizont kann ich das Schloss schon sehen (auf dem Bild sieht man es leider nicht). Puh, ist das noch weit.  
So langsam merke ich auch die gelaufenen Kilometer in Füssen und Beinen. Da ich gut in der Zeit bin, möchte ich mir noch einen Rastplatz suchen. Noch bevor ich irgendeine schöne Stelle in Aussicht habe, fängt es an zu grummeln. Noch klingt das Gewitter weit weg und ich laufe entspannt weiter. Frage mich aber zwischendurch, wo ich mich gegebenen falls unterstellen könnte. Es sind noch knapp fünf Kilometer bis zum Schloss. Luftlinie ist es viel Näher, wäre da nicht das Tal dazwischen. 

 So langsam kommt auch das Gewitter immer näher, der Wind frischt auf und es wird ruhig im Wald. Ich beschleunige meinen Schritt und verschiebe die Pause bis zum Ankommen. Den auf Gewitter im Wald hab ich irgendwie keine Lust. Eine Hütte oder ähnliches ist auch nicht in Sicht. Keine zwei Kilometer vor dem Schloss komme ich für ein kurzes Stück aus dem Wald. Regen empfängt mich. Schnell hole ich die Jacke raus und ziehe dem Rucksack den Schutz über. Dann geht es auch so richtig los. Ich zähle die Abstände zwischen Blitz und Donner und laufe weiter. Nun ist es nicht mehr weit. Die Anspannung fällt ab, trotz Gewitter und Regenguss. Und dann bin ich da, am Märchenschloss im Regen. Und habe zu unserer ersten Etappe aufgeschlossen. 
Das ich noch mehr als eine Stunde auf meine Familie warten muss, wusste ich zum Glück vorher nicht. 

Von der Quelle bis zur Mündung – die Ems #4

Das Wetter zeigt sich weiter wechselhaft. Immerwieder ziehen wir Regenjacke und -Hose an und wieder aus. Denn, sobald es nicht mehr regnet, wird man in dieser Bekleidung eher von innen nass. Die Kinder haben es in ihren Anhängern trocken und sämtliche warme Anziehsachen an. Es sind 11° C, damit habe ich beim Packen nicht wirklich gerechnet. Was solls, zieht das Septembermädchen eben über die Leggins noch die Stulpen und die kurze Hose. Der Dezemberjunge trägt zwei T-Shirts unter seiner Fleecejacke und Windweste. Das Regenverdeck der Anhänger ist zusätzlich runter. Manchmal würde ich gerne mit den beiden tauschen. 

In Lingen machen wir Pause. Hier gibt es ein Fahrradladen der unsere Croozer Stange tauschen kann. Während ich eine Spritztour ohne Hänger und Gepäck durch die Stadt mache, hat der Rest der Familie Spass auf dem Spielplatz. Wir haben überlegt, ob wir in Lingen übernachten sollten, doch es zieht uns weiter. In Meppen gibt es wieder eine Jugendherberge. Gerade, als wir los fahren wollen, fällt dem Herzensmann auf, dass sein Hinterrad erstaunlich wenig Luft hat. Wir fahren zur nächsten Tankstelle. Die Untersuchung zeigt einen Nagel der sich durch den Mantel gebohrt hat. Nun heißt es erstmal Reifen flicken. Eigentlich wollen wir noch 20 km fahren. Naja, da ich nicht beim flicken helfen kann, halte ich die Kinder ruhig. An einer Tankstelle denkbar einfach. Eis kaufen kann ich gut. 

Dann geht es endlich weiter. Inzwischen wandert der Uhrzeiger schon deutlich auf die 17:00 Uhr zu. Eine Zeit, zu der wir eigentlich gerne ankommen. So düsen wir am Dortmund-Ems-Kanal entlang. Immer geradeaus mit ziemlicher Geschwindigkeit. Und sind, trotz kleiner Umleitung durch den Wald, bei der wir viel Glück haben und nicht wieder umdrehen müssen, schnell in Meppen an der Jugendherberge. Leider ist die dann voll. Also fahren wir noch kurz durch die Stadt zum Campingplatz und können in einem Mobilehome übernachten.  

 

Am Abend klart es immer mehr auf. Ich kann mir bei diesem strahlend blauen Abendhimmel, dass angekündigte Regenszenario am nächsten Tag kaum vorstellen. Und auch die ersten frühen Morgenstunden sind noch schön. Ich bin optimistisch. Wer weiß? Doch während des Frühstücks zieht es zu. Gerade sind wir startklar und es prasselt los. Wir retten uns erstmal unter die nächste Brücke. Der Wetterbericht kündigt weitere Güße und einen kleinen Weltuntergang für Fahrradfahrer an. Als es etwas weniger wird, fahren wir zum Bahnhof. Wir könnten die gesamte verbliebene Strecke in weniger als einer Stunde zurück legen. Die Tagesetappe dauert mit dem Zug 30 Minuten. Wir überlegen hin und her. Die komplette Etappe mit dem Zug fahren find ich doof. Der Himmel spielt mit und wird wieder heller. Also kann ich überzeugen, dass wir doch einen ersten Teil radeln. Im nächsten Ort hält der Zug auch und wir können immer noch einsteigen.  

 Nach der Hälfte der Strecke fängt es wieder an. Nicht nur der Himmel öffnet seine Schleuse. Wir halten trotz Regen an einer Schleuse am Dortmund-Ems-Kanal. Ein Schlepper wird gerade durch geschleust, dass muss natürlich beobachtet werden. Der Regen wird stärker und stärker. Haren, der nächste Ort mit Bahnhof kommt näher. Dann stellen wir fest, dass der Bahnhof 4 km außerhalb liegt. Weiter geht es bei strömendem Regen. Ich habe inzwischen keine Lust mehr, denn ich weiß, das unser Fahrradanhänger nicht ganz dicht ist. Nicht nur von oben, sondern auch von unten. Durch das Spritzwasser weicht er auf und zieht sich mit Feuchtigkeit voll. Bei Dauerregen nicht so die beste Wahl.  

 In Papenburg am Bahnhof regnet es immer noch in Strömen. Zum Glück ist die Jugendherberge nicht weit. Auf dem Weg dahin werden wir trotzdem klitschnass. Dankbar nutzen wir eine warme Dusche und ein paar Spiele in der Jugendherberge. Bis es dann wieder aufklart und auch noch die Sonne rauskommt. Wir sind versöhnt und entdecken noch etwas die Stadt.  

    
 Nun sind es nur noch gute 50 km bis zum Ziel. Wir würden sie gerne an einem Tag fahren. Die Strecke sieht gut aus. Es geht am Deich neben der Ems entlang. Das Wetter ist toll. Doch so einfach geht es dann nicht. Wir haben gerade alles gepackt und wollen los, da fällt der Blick des Herzensmannes auf die Anhängerreifen. Wir haben ein Problem. Der Mantel ist durch. Wir rufen beim Fahrradladen an. Ein paar Mäntel in der Größe sind da. Der Reifen wird mit Panzertape geflickt und los geht es. Während die Kinder sämtliche Fahrzeuge im Laden ausprobieren, wird der Anhänger wieder fahrtauglich gemacht.  

 So kann man auch den Vormittag verbringen. Es ist früher Mittag als wir wirklich los fahren können. Wir radeln auf dem Weg an dem großen Werftgelände vorbei. Dann geht es immer am Deich entlang. Bis nach Leer. Wir stocken erstmal unsere Vorräte auf. Am nächsten Tag ist Sonntag und wir wissen nicht, wo wir übernachten werden. Am Ende bleiben wir in Leer und verbringen den Nachmittag auf einem Spielplatz. Gemeinsam haben wir uns wieder für die Jugendherberge entschieden. Der Dezemberjunge lehnt das Zelt ab. “Im Zelt ist es viel zu laut.” Und wir wissen, dass wir alle gut schlafen müssen, sonst kann so eine Tour nicht gelingen.  

 Und dann ist er da, unser letzter Radtag an der Ems. Bei strahlend blauem Himmel haben wir wieder alles gepackt und radeln los. Ein Traum. So macht eine Radtour richtig Spaß. Aus Leer hinaus und an den Deich. Immer geradeaus. Wir klettern auf den Deich und sehen ein Segelboot. Wir fahren immer wieder über Tiergitter im Boden und dann stehen sie da. Die Schafe. Grüner Deich, weiße Schafe und blauer Himmel. Schöner kann sich das Ostfriesland nicht präsentieren.  

   
 In Ditzum setzen wir mit der Fähre über. Das ist ein großer Spaß. Faszinierend für uns ist, wie die Fähre beladen wird. Selbst ein Auto kommt mit drauf.  

 Dann geht es noch 8km am Deich entlang bis zum Hafen von Emden. Der offizielle Endpunkt des Radweges liegt hier. Unser Ziel liegt noch weiter nördlich. Wir wollen die nächsten Tage an der Nordseeküste genießen. So fahren wir noch ein Stück weiter an diesem Tag bis Campen und am nächsten bis nach Norddeich. Hier haben wir ein Quartier für die letzten Urlaubstage. Das tut uns allen auch sehr gut.  

 

Von der Quelle bis zur Mündung – die Ems #3

Von Warendorf geht es am nächsten Tag weiter nach Telgte. Dort soll es sehr schön sein. Wir suchen einen Kaffee für den Herzensmann und eine neue Gaskartusche. Unsere hat bereits am Pfingstmontag den Geist aufgegeben. Wir fahren, wie die letzte Zeit auch, nicht direkt an der Ems, sondern etwas landeinwärts. So fahren wir durch eine landwirtschaftlich geprägte Landschaft, die ganz anders aussieht als im Schwäbischen. Flach ist es hier, mittlere bis große Felder säumen die Wege und immer wieder  liegen wunderschöne Backsteinhöfe mittendrin. Außer Pferdehaltung, kann man nicht immer erkennen welche Tierart auf dem Hof gehalten wird. So spielen wir Tiere raten anhand der Gerüche, die, je nach Windrichtung, uns schon lange vor dem Hof einen Hinweis auf die Tierart geben. 

In Telgte begrüßt uns der erste Regen des Tages. Wir kommen an den Markt und die kaffeehungrigen Augen des Herzensmannes entdecken sofort die TelgterkaffeeBar. Dort kehren wir ein und verweilen. Nicht nur guten Kaffee gibt es dort, sondern auch hervorragende Trinkschokolade. Nebenbei werden neue Kaffeebohnen gemischt. Die Kinder sind ganz begeistert und bekommen kleine Hocker zum gucken. Am Ende wird noch ein Päckchen Kaffee für den Urlaub gekauft. Der Herzensmann beginnt zu träumen. Wir können die TelgterkaffeeBar nur empfehlen. Mit Liebe und Leidenschaft wird hier nicht nur bester Kaffegenuss gezaubert. 

 Nach einem Einkaufsstop verlassen wir Telgte und fahren Richtung Greven weiter. Unterwegs passieren wir die Alte Kanalüberführung. Die Kinder steigen aus und laufen ein Stück. Nicht nur die Alte und stillgelegte Kanalüberführung ist spannend, viel interessanter ist die Großbaustelle zwischen der alten und der aktuellen. Dort wird noch eine weitere Kanalüberführung gebaut. Ein großer Hammer rammt Metallteilen in den Boden und im Hintrgrund fahren die Schiffe über eine Brücke über die Ems.   

Weiter geht es dann nach Greven. Dort ist unser heutiges Ziel und auch das erste Drittel des Radweges wird dann geschafft sein. Zwischen durch fängt es immer wieder an mit Regnen. Die Kinder haben einen neuen Sprechgesang, der aus den Fahrradhängern klingt: “Regen verschwinde und lass die Sonne knallen”. Wir hoffen bei diesem Wetter in Greven im Naturfreundehaus übernachten zu können. Wir fragen in der Information nach und müssen feststellen, dass es das gar nicht mehr gibt. So bleibt uns noch ein Campingplatz etwas außerhalb. Der Wind hat inzwischen an Fahrt aufgenommen. Wir fahren nun nach Google Maps. Nicht unbedingt die beste Entscheidung. Wir suchen lange und müssen zwei Mal umdrehen. Irgendwann ist es dann geschafft. Erschöpft kommen wir an. Der Wind hat die letzten Tageskilometer in die Länge gezogen. So langsam merke ich die schon gefahrenen Kilometer in den Beinen.  

 Trotzdem wird schnell das Zelt aufgebaut. Parallel bereite ich Essen zu. Die Kinder sind ungeduldig, wir versuchen sie mit kleinen Aufgaben abzulenken. Das klappt etwas. Sie sind aber übermüdet und unausgelastet. Vor allem der Dezemberjunge tut sich schwer mit dem Zelt. Er kann abends nicht einschlafen und ist zeitig wach. Tagsüber den Schlaf nachholen, wie das Septembermädchen, schafft er nicht. So gibt es an diesem Abend noch ein großes Theater. Ich bin gefrustet und frage mich ob es so gut weiter gehen kann. Denn auch mir stecken die letzten Zeltnächte in den Gliedern. Auch ich schlafe schlecht. Jede Nacht kommt irgendwann das Septembermädchen in meinen Schlafsack gekrochen, jemand muss aufs Klo oder hat es nicht mehr geschafft. Dann gibt es Unruhe im Zelt und ich bin sofort mit wach. Oft genug kann ich dann lange nicht einschlafen oder denke, es ist ja eh schon hell. Doch das ist es auch gegen fünf. Mit diesen Gedanken im Kopf, frage ich mich ob ich nun älter werde oder woran es liegt, dass mir das Zelten so Probleme bereitet. Dass habe ich sonst sehr gerne getan. Auch gemeinsam mit dem Herzensmann waren wir im Zelt unterwegs, ohne Kinder bzw mit dem Dezemberjunge im Bauch. 

Am nächsten Morgen bauen wir schnell das Zelt ab. Zwischen zwei Regenschauern ist es gerade trocken geworden, an dieser Stelle ist der Wind doch sehr hilfreich. So kommen wir diesmal sehr zeitig auf die Räder. Das ist auch ganz gut. Der Wind ist stark und böig, immer wieder lassen die Wolken von ihrem Gewicht etwas fallen. Für uns ist klar: heute Nacht schlafen wir in einem Haus. So steuern wir die Jugendherberge in Rheine an.  

 Unterwegs regnet es immer wieder und eine kleine Rast machen wir in einem Buswartehäuschen. So können die Anhänger und wir im Trockenen pausieren. Bereits in Rheine bin ich dann eine kurze Sekunde nicht aufmerksam. Ich schaue nach vorne und sehe den Mittelpfosten auf dem Weg auf mich zu kommen. Schnell reiße ich noch den Lenker rum. Trotzdem kracht es. Die Anhängerstange fängt zum Glück die Energie auf, auch die Satteltasche bremst. Dem Dezemberjunge und mir ist nichts passiert. Die Stange müssen wir jedoch noch während dieser Tour tauschen. In Rheine sind wir dann schon am frühen Nachmittag. Das ist irgendwie komisch und doch sehr gut. Die Kinder können auf dem Spielplatz toben. Ich ruh mich ein bisschen aus. Die Nacht in normalen Betten tut am Ende allen sehr gut.