Der “Auba-Mann”

Gestern: Das Fenster im Schlafzimmer ist zum Lüften offen. Man hört die Autos vorbei fahren, plaudernde Kinder und Jugendliche die zur Schule gehen und ein Geräusch, welches man hier nicht so oft hört. So ein bisschen wie ein Traktor. Ein kleiner. Und da ist noch so ein Kratzen oder so ähnlich. Der kleine Mann rennt ganz aufgeregt zwischen Schlafzimmerfenster und -Tür hin und her. “Mama gucken!” “Da Mama gucken!” Ich versuche mich zu beeilen. Das Septembermädchen darf sich nochmal ins Bett kuscheln. Ich hab erraten, was der kleine Mann sehen möchte. Weiß schon was hinter dem Geräusch steckt. Und ja da sieht man sie gerade noch bevor sie aus dem Sichtfeld verschwindet. Auf der anderen Straßenseite wird der Fußweg von einer kleinen Kehrmaschine von den Blättern befreit. Ich erkläre dem kleinen Mann, das da der Fußweg sauber gemacht wird. “Auba Mann.” “Ja, der Mann oder die Frau machen sauber.” Den ganzen Tag wollte er die Kehrmaschine noch einmal sehen. Und so fragte er immer wieder “Auba Mann?”

Heute: Als ich mit dem kleinen Mann die Treppe bei der Tagesmutter runter gehe, hört man schon das laute Pusten. Vor dem Haus werden die Blätter mit so einem Puster (ich habe keine Ahnung wie die Dinger heißen) weg gepustet.
“Schau da wird sauber gemacht.” “Auba-Mann”

Zwei Monate Septembermädchen

Ja zwei Monate. Schon und erst. Das Zeitparadox wird mit Kindern sehr ausgeprägt. Es fühlt sich alles wie eine Ewigkeit an und doch war es ja erst gestern. Und gerade weil es sich alles schon so vertraut anfühlt muss ich mir immer wieder die Kürze vor Augen rufen. Ganz bewusst. Um die Zeit zu genießen und nicht zu zweifeln. Alles wird kommen zu seiner Zeit. So wie es jetzt ist, ist es gut.
Wir haben uns schon sehr aneinander gewöhnt. (Schon von Anfang an) Nicht mehr weg zu denken. Ich richte mich nach ihr und sie sich immer mehr nach uns. So dass es langsam ein gemeinsamer Tagesablauf wird. Sie ist dabei, schlafend oder wachend, so wie sie es gerade braucht. Meistens in der Trage, selten im Bett oder auf der Krabbeldecke. Sie braucht die Nähe und viel Kontakt. Auch abends schläft sie zwar zügig ein, möchte aber nicht alleine schlafen. Das ist okay. Ich akzeptiere und genieße. Gehe so auch zeitig ins Bett und bekomme meinen Schlaf. Alles in allem hat der Alltag uns wieder, so unbeständig wie er mit Kindern eben ist.

Warum ich mich für eine Hausgeburt entschieden habe

Alles begann vor ungefähr 2 1/2 Jahren. Ich war mit dem kleinen Mann schwanger. Am Anfang ging ich ganz normal wie fast jede Frau zu den Vorsorgeuntersuchungen beim Frauenarzt. Irgendwann beschäftigte ich mich dann auch mit Geburt und ganz wichtig Geburtsort. Aber eigentlich stand für mich das Thema nie in Frage. Meine Kinder kommen zu Hause auf die Welt. Dort wo ich mich wohl fühle, geborgen bin. So machte ich mich auf die Suche nach einer Hebamme und wurde fündig. Ich fasste schon bei unserem ersten Termin Vertrauen. Wusste ganz instinktiv, das sie die Richtige (bei uns auch die einzige Hausgeburtshebamme, es musste also passen) ist. Mit ihrer entspannten unkomplizierten Art bestärkte sie mich in meiner Entscheidung und überzeugte den Herzensmann. Damals war alles nur ein Gefühl oder mein Instinkt. Heute nach der zweiten Hausgeburt kann ich vieles in klarere Worte fassen. Damals war es einfach nur ein Zweifeln, dass eine Geburt nichts im Krankenhaus zu suchen hat. Schließlich ist eine Geburt keine Krankheit. Dann schon eher ein Geburtshaus oder eine ähnliche Einrichtung. Heute weiß ich: es sind die vielen kleinen Dinge.

Angefangen bei der Umgebung. Ja, ich habe einen Kreissaal gesehen und man hat sich da viel Mühe gegeben. Aber ich habe mich nicht wohl gefühlt. Schon allein die Vorstellung mich in diesem Raum ganz zu öffnen und mein Kind zu gebären, ähm… Nein, dass könnte ich nicht.
Dann habe ich nicht eine Bezugsperson die mich kennt und der ich vertraue. Es sind je nach Situation verschiedene Personen anwesend. Alle sehen mich in einer der intimsten Situationen die es gibt. Alle sehen mich nackt. Denn das ist man während der Geburt, auch wenn man noch was an hat. Man gibt sich ganz seinem Körper hin und hilft ihm die Arbeit zu tun. Da möchte ich nicht von jedem beobachtet werden.
Ist die Geburt geschafft darf das Baby, wie von den Eltern gewünscht direkt zu den Eltern. Es wird nicht gleich die Nabelschnur abgeklemmt und sonst welche Untersuchungen gemacht. Alles zu seiner Zeit. Auch das ist je nach Krankenhaus verschieden. Und das Beste bei einer Hausgeburt. Ich bin zu Hause und kann einfach in mein Bett kriechen oder darin liegen bleiben. Ich muss weder mit Wehen irgendwohin, noch danach direkt nach Hause oder das Zimmer wechseln. Überhaupt mit Wehen irgendwohin fahren auch das kann ich mir nicht vorstellen. Zum Einen möchte ich während einer Wehe meinen Körper spüren, mich konzentrieren und meine Arbeit machen. In einem Auto? Nein, danke. Zum Anderen ging es wo beiden Kindern recht schnell. Da müsste man ja mit der ersten Wehe los fahren, um rechtzeitig dort zu sein wo man sein möchte.
Bei beiden Kindern habe ich erst im Nachhinein von zwei scheinbar gängigen Praktiken gehört. Der kleine Mann war ein Prachtkerl mit reichlich 4kg. Mir wurde erzählt, dass bei Kindern über 4kg gerne ein Kaiserschnitt gemacht wird. Rein prophylaktisch. In wie fern das stimmt weiß ich nicht. Aber ich weiß, das ich kein Kaiserschnitt haben möchte, wenn es nicht absolut notwendig ist. Das Septembermädchen war da ganz anders. Klein und zart mit 2.400g. Von einer Bekannten erfuhr ich, dass eines ihrer Zwillingsenkel in den Brutkasten musste mit 2.600g. Da wäre unser Mädchen dann wahrscheinlich auch gelandet. Und ich hätte es nicht ausgehalten.
Die meisten Kinder nehmen in den ersten Tagen ein bisschen ab. Unser Septembermädchen hatte bereits am vierten Tag 80g zugelegt. Wie das beim kleinen Mann war weiß ich nicht mehr. Aber ich habe nicht in Erinnerung, dass er sehr an Gewicht verloren hätte.
Und dann gehört zu einer Geburt meistens noch der Vater des Kindes, wenn beide das wünschen, dazu. Bei uns hat der Herzensmann bei beiden Geburten für mich eine wichtige Rolle gespielt. Er kennt mich wie kaum sonst jemand. Er hat mir den Rücken gestärkt und ich konnte seine Kraft mit nutzen. Auch er muss sich wohlfühlen. Muss wissen wo er was findet, wenn etwas gebraucht wird. Auch er muss bei einer so aktiven Rolle während der Geburt bei sich sein können.

Viele kleine erstmal unwichtige Aspekte werden zu einem großen Ganzen und geben den Ausschlag. Es gibt noch mehr Gründe und Punkte die für eine Hausgeburt sprechen. Zum Teil wissenschaftlich oder statistisch belegt. Doch diese sind für mich wichtige Punkte. Und am Ende muss jede Frau, jedes Paar selber entscheiden wo es sein Kind zur Welt bringen möchte. Und da beginnt es zum Problem zu werden. Meine Hebamme erzählte mir heute, dass in unserem Kreis 40% weniger Hebammen auf der Hebammenliste für 2015 stehen als noch in diesem Jahr. Bereits in diesem Jahr hat nicht jede Frau eine Hebamme gefunden. Von Hausgeburtshebammen ganz zu schweigen. Wenn es eine Rote Liste für bedrohte Berufe gäbe, dann würde “Hebamme” an oberster Stelle stehen. Denn wenn sich nichts ändert droht allen freiberuflichen Hebammen ein Berufsverbot ab Juli 2015. Das heißt alle Frauen die ab jetzt schwanger werden haben ein Problem. Sie haben keine Wahlfreiheit mehr. Darum liebe Politiker bekommt endlich den Arsch hoch (Entschuldigung aber mit anderen Worten kann ich das nicht sagen) und rettet unsere Hebammen.

Wochenend-Momente

Samstag
Eigentlich wäre es ein ganz normaler Samstag gewesen. So mit einkaufen und was man sonst noch so an einem Samstag erledigt. Aber dann viel uns früh im Bett ein, dass ja Feiertag war. Kurz überschlug ich im Kopf was wir so zu Hause hatten. Verhungern würden wir nicht. Nein, aber ich mache mir trotzdem gern einen Plan was wir am Wochenende kochen. So hatten wir dann ganz überraschend zwei Sonntage hintereinander.IMG_0034.JPGNach unserem Vormittagsspaziergang ein kleiner Erkundungsrundumblick vom Septembermädchen. Eines der ersten Male, dass sie so lange den Kopf hebt und verschiedene Dinge betrachtet.IMG_0036.JPGAm Nachmittag haben wir noch einen kleinen Gang zur Baustelle gemacht. Mal wieder nach dem Rechten sehen und die Abendstimmung genießen.IMG_0035.JPGSonntag
Der Sonntag startete wie jeder Sonntag. Die beiden Männer machen sich auf den Weg zum Sonntagsbäcker. Unser Septembermädchen und ich kuscheln noch im Bett. Es folgt ein gemütliches Frühstück von dem der kleine Mann irgendwann aufsteht und spielen geht. Wie immer vertrödeln wir den Vormittag mit dies und das. Während wir anfangen wollen mit Essen wacht das Septembermädchen auf und weint. Der kleine Mann läuft zu ihr und ruft währenddessen “Loalii bomme!” Ein großer “Hach”-Moment für mich. Und irgendwie wird es mit dem Mittagessen so spät, dass die Müdigkeitsschwelle beim kleinen Mann schon so weit überschritten war und er nicht mehr Mittagsschlaf machen wollte. Wenigstens gab es noch eine Pause mit Geschichten lesen und erzählen. Am Nachmittag sind wir dann noch zur Teck aufgebrochen. Der kleine Mann betitelte auf dem Wanderweg schon alles mit Burg und freute sich als wir dann oben waren. Auf dem Weg zurück entdeckten wir noch die Sybillenhöhle.IMG_0624.JPGUnd genossen die Abendstimmung im Wald.IMG_0627.JPGWieder einmal ein wunderschönes Familienwochenende mit vielen vielen Glücksmomenten. So geht es in eine neue Alltagswoche.

“Lok!”

Kurz nach dem Aufwachen:
Der kleine Mann erzählt begeistert von der Lok. Er möchte den kurzen Film vom Sonntag sehen. Auf die Frage wie die Lok macht antwortet er wahlweise mit “Laut!” oder “tuuuut tuuuuut!”

Beim Frühstück:
Seitdem der Herzensmann dem kleinen Mann den Film vom Sonntag gezeigt hat möchte er es jeden Morgen sehen. Laut wird es eingefordert. Irgendwann lässt sich der Herzensmann erweichen. Holt das Handy und zeigt ihm den Film. Der kleine Mann sitzt hochkonzentriert vor dem kleinen Bildschirm. Er antwortet auf die Fragen, die der Herzensmann ihm im Film stellt. Er lebt diesen kleinen Moment wieder und immer wieder. Er ist ganz dabei. Diese Konzentration, Faszination und 100 prozentige Begeisterung macht mich sprachlos. Lässt mich einfach nur stolz und bewundernd neben ihm sitzen. IMG_0616.JPGAm Mittag:
Ich hole wie jeden Mittag den kleinen Mann bei der Tagesmutter ab. Auf dem Weg nach Hause gehen wir über den Busbahnhof und sehen dabei den Bahnhof. Der kleine Mann zeigt nach oben und ruft “Lok!” Jeden Mittag an dem wir da lang gehen. Im Tunnel der uns unter den Gleisen durch führt macht er “huuuhuuuuup”

Am Abend:
Der kleine Mann liegt im Bett. Wir haben bereits das Gute-Nacht-Lied gesungen. Plötzlich bricht es aus ihm heraus: “Lok! Ahn!” Nein, wir fahren jetzt nicht mit der Lok. Vielleicht bald mal wieder. Mal sehen. Jetzt ist erst mal Schlafenszeit.

Immer wieder zeigt sich seine Begeisterung und wie sehr ihn das Erlebnis am Sonntag beeindruckt hat. Es ist schön das mit zubekommen. Seine Begeisterung zu erfahren. Zu wissen was in ihm vorgeht, was ihn beschäftigt.

Bimmelbahn

IMG_0597.JPGIMG_0605.JPGIMG_0600.JPGIMG_0598.JPGEs Zischt und Hupt. Es Pfeift und Rattert. Ein Abenteuer für den kleinen Mann. Am Vormittag haben wir sie im Garten gehört. Die Dampflok. Kurz entschlossen machten wir dann einen wunderschönen aufregenden Ausflug. Direkt nach dem Mittagsschlaf ging es los. Der kleine Mann war ganz begeistert. An jeder Haltestelle wurde ungeduldig auf die Weiterfahrt gewartet. Alles wurde genau inspiziert. Es wurde gewunken und “Hallo!” gerufen, wie es sich in einer Dampflok gehört. Und als wir am Abend müde und glücklich im Bahnhof der Dampflok hinterher gucken kommentiert er nur “weg Bimmelbahn”.

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“Addalaa!”

Bei uns in der Stadt wird fleißig gebaut. Kräne, Bagger und was das Baustellenherz noch begehrt. Für den kleinen Mann das Größte. Stundenlang kann er gucken. Jeden Tag kann es die gleiche oder eine andere Baustelle sein. Ob Baugrube graben, Haus abreißen oder Erde verfestigen. Die Bagger sind die, die sein Herz am Höchsten schlagen lassen. Und wenn das nicht reicht, dann muss man selber baggern. Zum Glück gibt es da die Lieblingsnachbarn mit Sandkasten und Baggern. Seit wenigen Wochen ist auch der “Addalaa” dabei. Mit ihm kann man auch super baggern. Zur Einstimmung in den Baustellentag wird schon früh auf dem Klo das Bagger-Buch angeschaut. Auch abends muss nochmal nach gesehen werden, ob die Fahrzeuge noch da sind. Und da die Begeisterung überspringt, schaue auch ich fasziniert den Baggern zu.

Der “Addalaa” ist der Radlader. Die richtigen Begrifflichkeiten sind besonders beim Buch Ansehen sehr wichtig

Schritt für Schritt

Ja, Schritt für Schritt dem großen Ziel entgegen heißt es nun. Ein weiterer Schritt wurde heute getan. Das Ziel Ende Februar mein Studium beenden zu können wird wieder greifbar. Die Prüfung im Zweittermin geschafft. Nun sind es nur noch ein Modul – also zwei Vorlesungseinheiten die Woche – und die Bachelorarbeit. Beides soll und kann jetzt angegangen werden. Dienstag und Donnerstag Vorlesung und Mittwoch noch eine Übungseinheit. Montag, Dienstag und Freitag werde ich die Vormittage für die Bachelorarbeit nutzen. So der Plan. Ich bin gespannt wie es wird. Wie wird sich unser Rhythmus finden? Wie wird es sein mit Baby in Vorlesungen und Übung zu gehen? Werde ich die Vormittage gut nutzen können? Die nächste Woche wird die erste Vorlesungswoche sein. Da heißt es noch ein bisschen probieren. Den Plan in die Tat umsetzen. Schritt für Schritt eben.

This Moment: Sammler

IMG_0557.JPGAls Sammler unterwegs. Gemeinsam. Jeder hilft mit. Trägt ein paar händevoll zur Füllung des Beutels bei. Am Ende ist er gut gefüllt mit großen Nüssen. Der kleine Mann leert jede Hand selber in den Beutel. Freut sich über die Nüsse. Trägt stolz den Beutel.

Ursprünglich. Natürlich. Sammeln tut gut. Befriedigt. Befreit. Und ich bin dankbar für die Gabe der Natur (und die Entdeckung des Nussbaumes in der Nachbarschaft).

Alltagskunst: Windelmauer

IMG_0554.JPGEine wackelige Mauer auf weichem Untergrund gebaut. Lange wird sie nicht halten. Nicht nur wegen des Baumaterials und des Untergrunds. Nein. Schwups ist schon der erste “Stein” entwendet. Bald die ganze Mauer wieder aufgebraucht. Kurz die Freude der jungen Mutter über die vielen fertig gelegten Windeln. Doch sie wird wiederkommen. Wenn man sich die Zeit nimmt.

Was man nicht sieht: Hinter der Mauer schläft die kleine Miss.