Abschied (in) guter Hoffnung

10 Jahre. 300 Kinder. 

Das ist die Bilanz “unserer” Hebamme. Heute haben wir sie verabschiedet, wir haben Danke gesagt und ein Zeichen gesetzt.
 
Viele sind gekommen. Eingeladen vom Mother Hood.eV. So konnten wir ein Zeichen setzen und aufmerksam machen. Aufmerksam machen darauf, dass Hebammen ihre Arbeit niederlegen. Das Land verlassen, um ihrer Arbeit, ihrer Berufung nach zu gehen. Aufmerksam machen darauf, dass die Rahmenbedingungen nicht mehr stimmen, um gute legale Hebammenarbeit leisten zu können. Aufmerksam machen darauf, dass die Wahlfreiheit des Geburtsortes nicht mehr gegeben ist. Die selbstbestimmte Geburt und ein guter Start ins Leben gefährdet sind. 

 Abschied in guter Hoffnung. 

Ja, es war ein Abschied, doch wir haben Hoffnung. Wir hoffen, dass wir lauter werden. Wir hoffen Augen zu öffnen. Wir hoffen darauf, dass Hebammen in Deutschland wieder gerne das tun können, was sie können und wollen: Menschen, Familien einen guten Start ins Leben geben. 

Heute war ein besonderes Ereignis. Wunderschön, sehr bewegend und aufrüttelnd -hoffentlich. Ein Abschied. Ein Ende und hoffentlich auch ein Neubeginn. 

“Unsere” Hebamme arbeitet nun in der Schweiz in einem Geburtshaus. Dort hat sie einen neuen Wirkort gefunden der zu ihr passt. Wir wünschen ihr alles Gute. Vielen Dank, dass du uns zwei Mal so wunderbar begleitet hast. 

Schreien, Brüllen, Heulen

Oder wie ein Nachmittag nach dem Kindergarten bei uns aussieht. 

Der kleine Mann geht nun bald drei Monate in den Kindergarten. Seit dem haben wir uns viel mit diversen Themen rund um das Thema Kindergarten, Bildung, Pädagogik und Schule beschäftigt. Der eine Grund, warum ich mit dem Kindergarten nicht so zu frieden bin, ist der Kindergarten an sich. Aber auch das Verhalten am Nachmittag vom kleinen Mann und die Reaktionen von anderen Familien, wenn ich darüber geredet habe, haben mich sehr stutzig und nachdenklich gemacht. 

Natürlich ist nicht jeder Nachmittag gleich, aber es gibt ein Verhalten, dass immer da ist, wenn der kleine Mann im Kindergarten war. Sind wir alleine essen wir erstmal Mittag und mache dann eine Mittagspause. Irgendwann in dieser Phase kommt meist der erste Ausbruch. In der Regel läuft es so ab: ich bitte ihn schon mal aufs Klo zu gehen/ein Buch aus zusuchen/ sich ins Bett zu legen, er möchte irgendwas ganz anderes, ich erkläre ihm, dass nach der Mittagspause Zeit dafür ist, wir die Pause im Bett verbringen und ein Buch lesen. Entweder er flippt an diesem Punkt schon völlig aus oder erst, wenn ich ihm sage im Bett ruhig liegen zu bleiben. Das  Ausflippen sieht dann so aus, dass er brüllt, heult und schreit. Er ist dann nicht mehr ansprechbar und entwickelt die unterschiedlichsten Wünsche. Diese Ausbrüche dauern zwischen 10 Minuten und 1 Stunde. Inzwischen weiß ich, dass ich nur zu hören muss, dass er so seinen Stress abbaut. Trotzdem ist es anstrengend. Es zieht Energie und am Ende tut ihm der Hals und mir die Ohren weh. Gut ist, dass bei diesem Ausbruch das Septbermädchen Mittagsschlaf macht und ich so ganz bei ihm sein kann. 

Sind wir am Nachmittag zu Hause, spielen beide mehr oder weniger gut zusammen. Oft gibt es dann die Situationen in denen das Septembermädchen mit irgendetwas spielt und der kleine Mann es ihr aus der Hand reißt. Nichts ungewöhnliches in dem Alter, doch wir hatten und haben die Regel erst darum bitten, etwas zum Tausch anbieten und wenn alles nichts hilft, mich fragen. Das hat vor dem Kindergartenstart sehr gut funktioniert. 

Auch ein Phänomen, welches seit dem Kindergarten da ist: Es geht nichts mehr. Wenn wir raus gehen wollen, kann er sich nicht mehr anziehen. Wenn er irgendetwas aus einem anderen Zimmer braucht, muss ich mit gehen, an der Hand. Ich soll bitte wieder mit ihm aufs Klo gehen und und und. Wenn ich dann, aus welchen Gründen auch immer, einmal nicht mit gehen möchte fängt er an zu weinen, zu quengeln bis ich irgendwann genervt mit gehe. Ja, genervt, denn es ist unglaublich anstrengend. Ich weiß, warum er so reagiert und warum er diese Fürsorge braucht. Denn er verbraucht seine gesamte Energie im Kindergarten. Zu Hause muss er auftanken und wenn der Nachmittag nicht reicht, geht es nachts weiter. 

Sind wir am Nachmittag unterwegs oder haben Freunde zu Besuch ist der kleine Mann abgelenkt. Dann geht es solange gut, bis irgendetwas nicht so läuft, wie er es möchte. Ob drei einem Spaziergang jemand anderes zu erst auf die Ampel gedrückt hat, die Spielkameraden etwas anderes spielen wollen als er oder oder oder. Dann rastet er aus. Richtig. Ich versuche dann, ihn raus zunehmen, ihm eine kurze Pause zu verschaffen, doch das ist nicht so leicht, denn er will ja weiter spielen. 

Insgesamt sind es nicht unbedingt entspannte Nachmittage. Natürlich habe ich mich dann mit anderen Müttern unterhalten, denn die Frage “wie geht es den im Kindergarten?” kam regelmäßig. Von den meisten Müttern kamen dann Reaktionen wie “ja das ist genau das, was mich mit meinen Jungs immer stört” oder “ja meiner ist Nachmittags auch so fertig und geht ja nun schon länger in den Kindergarten” oder “ja die Kindergarteneingewöhnung ist heftig, bei uns war es auch sehr anstrengend. Bestimmt drei bis vier Monate lang”. Und ich frage mich dann, Warum? Warum machen alle da mit? Warum tun wir das unseren Kindern an? Wenn etwas uns so stressen würde, dann würde doch jeder Erwachsene es sich nochmal überlegen und ganz sicher etwas ändern. Doch unsere Kinder müssen da durch. Die müssen ja lernen, dass es nicht immer nur spielen und entspannt ist. Die müssen ja auch aufs Leben vorbereitet werden und was weiß ich. Müssen sie das wirklich? Ich bin mir da nicht so sicher. Sicher bin ich mir nur, dass ich es nicht gut finde meinem Kind und uns als Familie das an zu tun. 

Worauf ich mich freue

Doch kein Frühlingsplüsch, sondern Werbung (ganz unbezahlt, einfach weil ich es toll finde) für eine tolle Sache. Seit Tagen fiebere ich schon dieser Veranstaltung entgegen. Das Thema beschäftigt uns gerade sehr und ich bin sehr gespannt, was für neue Ideen, Anregungen und Eindrücke ich mit nehmen werde. Vielleicht komme ich auch mit meiner Entscheidung zum Thema Kindergarten etwas weiter? Ihr fragt euch sicher worum es geht. Die Veranstaltung ist der 1. Internationale Online-Bildungskongress. Wie der Name schon sagt, ist er online, d.h. jeder kann von zu Hause aus teilnehmen, man braucht nur ein funktionstüchtiges internetfähiges Gerät und Internet. Ausserdem ist er Kostenlos, also anmelden, reinschauen, reinhören und weiter sagen. Hier gibt es noch einen schönen Artikel zum “Warum” von der Organisatorin Lena vom Freilern-Blog

Eine Geschichte aus dem Kindergarten

Der kleine Mann kommt aus dem Kindergarten. Bereits beim Abholen sah ich, dass ein Kind Geburtstag hatte. Ich schließe aus den Kerzen auf dem Tisch, dass es sechs Jahre alt geworden ist. Wissen tu ich es nicht. Letztendlich ist es für diese Geschichte egal. Zu Hause erzählt mir der kleine Mann vom Geburtstag des Jungen, vom Geburtstagslied und -kuchen. Und dann fällt der Satz: Der R. hat heute Geburtstag und hat ein neues Handy bekommen. 

What?!

Kurz fühle ich mich im falschen Film. Ich frage noch etwas nach. Ob es ein Handy ist wie Mama und Papa haben. Ja. Hat er es mit gehabt? Nein. Wozu braucht er den ein Handy? Zum Polizei anrufen. 

Alles klar, denk ich mir. Soweit sind wir nun schon. Ein weiteres Puzzle in meinem Gedankenwirrwar rund um Kindergarten, Schule, Gesellschaft, Entwicklung des Kindes. Da passt es ja gut, dass ich in “Wie Kinder heute wachsen” gerade das Kapitel zu Kinderentwicklung und Computern lese. 

Und falls ich irgendwann meine Gedanken zu dem Thema Kindergarten und Schule sortiert habe, berichte ich auch noch davon. Bis dahin gibt es wahrscheinlich nur Frühlingsplüsch. 

Verständigungsproblem

Heute Morgen klingelt es an der Tür. Der Postbote. Ich bin gerade dabei Kind und mich anzuziehen, um zur Tagesmutter zu gehen. So kommt es, dass ich dem Postboten im Vorgarten begegne. Er hat zwei Pakete dabei: ein großes für uns, ein kleineres für unsere Vermieter. Nachdem ich unterschrieben habe, fragt mich der Postbote: “Soll ich Ihnen helfen?” “Das wäre nett.”, antworte ich und der Postbote dreht sich um und geht. Hä? Der Postbote geht?! Ich stehe kurz ziemlich verdattert da. Trage dann die Pakete ums Haus und hoffe, dass das Septembermädchen bleibt wo es ist.  

Und dann fängt es natürlich in meinem Kopf zu rattern an. Hab ich mich nicht deutlich ausgedrückt? Aber was kann man an: das wäre nett, falsch verstehen? Ne ganze Menge fällt mir auf. Ich habe, aufgrund der Wetterverhältnisse und meiner immernoch andauernden Nasenkrankheit, den Schal schon übers Gesicht gezogen. Meine Sprache war also gedämpft. Der Postbote ist, wie es scheint, kein gebürtiger Deutscher, zumindest spricht er gebrochen Deutsch. Und ganz wichtig ich befinde mich in Baden-Württemberg. Da sagt man eher mal “Ha desch brauscht nette” oder so was. Nett also nicht im Sinne von nett sondern von nicht. Und schon war mir klar, dass der Postbote ging. Das nächste Mal sag ich dann eben: das wäre sehr freundlich. 

Und dabei leb ich inzwischen schon ein halbes Jahrzehnt im Schwabenländle. 

2500 € für einen guten Start ins Leben

Beim Abendbrot rief mich meine Hebamme an und gab mir die Zahlen durch, um die ich sie gebeten hatte. Die Kosten der Betreuung während der Schwangerschaft, der Geburt und dem Wochenbett. Pro Kind knapp 2500 €. Diese Summe bezahlt die Krankenkasse bei einer Hausgeburt und der Betreuung vor und nach der Geburt durch die Hebamme. Nicht mit eingerechnet sind die Ultraschalluntersuchungen beim Frauenarzt. Derer waren es wenig. Genau drei beim Septembermädchen. Beim kleinen Mann waren es etwas mehr, da ich am Anfang der Schwangerschaft die Vorsorgeuntersuchungen noch nicht von der Hebamme machen ließ und die Frauenärztin bei jedem Termin ein Ultraschall gemacht hat, der nicht notwendig war. 2500 € für einen guten Start ins Leben. 

Dieser gute Start ins Leben wird nicht mehr lange möglich sein. Schon lange sind Hausgeburten Glückssache. Nicht überall gab und gibt es Hebammen die Hausgeburten anbieten. Nun werden es noch weniger werden. Warum? Zum einen ist die Frage der Versicherung immernoch nicht geklärt (mehr lesen). Und es gab einen Schiedsspruch. Dieser legt fest, dass bei einer Terminüberschreitung von mehr als drei Tagen ein Arzt entscheiden muss, ob eine Hausgeburt noch möglich ist. Dies erzählte mir meine Hebamme am Telefon. Sie schaut sich inzwischen nach Stellen um. Wer weiß wie lange sie noch Hausgeburten anbietet, unter diesen Bedingungen. Und ich frage mich was das soll. 

Zum einen werden Hebammen genau dafür ausgebildet. Sie sind am Besten in der Lage eine Schwangerschaft zu beurteilen. Egal ob drei Monate vor dem Geburtstermin, drei Wochen oder drei Tage genauso wie nach dem Termin und auch hier gehe ich bis zu drei Wochen nach dem errechneten Termin. Wir haben ein aktuelles Beispiel im Freundeskreis. 19 Tage nach dem Termin kam ein gesundes Baby zu Hause auf die Welt. Alles war bestens, auch Käseschmiere war noch auf dem Rücken. Im Krankenhaus wollten sie direkt einleiten und pipapo, als meine Freundin zur Kontrolluntersuchung war. Diese empfiehlt die Hebamme auch. 

Zum anderen ist eine Hausgeburt nicht risikoreicher. Auch hier für ist die Hebamme perfekt ausgebildet. Ich habe mich bei beiden Geburten sehr sicher gefühlt. Der Abstecher ins Krankenhaus, nach der Ersten, um den Riss nähen zu lassen, war für mich die Hölle. Ich kann mir auch nicht vorstellen, bei Wehenbeginn irgendwo anders hin zu gehen, als in mein Bett und es mir da gemütlich zu machen. Aber da sind alle Frauen anders. Meine Freundin schwört auf die Wassergeburt und vorher laufen, laufen, laufen. Andere Knien, stemmen sich in Türrahmen oder was weiß ich nicht alles. Letztendlich wären die Geburten meiner Kinder sicher nicht so schön gewesen, wenn ich im Krankenhaus gewesen wäre. 

Und ich will da auch nicht hin. Unter diesen Umständen würde ich kein Kind bekommen wollen. Ja, ich bin froh schon zwei Kinder zu haben. Ein Drittes? Momentan noch  im Gespräch, ich bin ehrlich. Drei waren eigentlich unser Familientraum. Wenn ich keine Hausgeburt machen könnte und keine Versorgung durch eine Hebamme habe, werde ich nicht noch ein Kind bekommen. Echt jetzt! Ich lasse mir nicht vorschreiben wie und wo ich mein Kind bekommen werde. Dann lieber gar keins. 

Ach da war ja noch was. Deutschland hat ja so eine niedrige Geburtenrate und möchte mehr für Frauen und Familien tun. Für mehr Kinder und so. Na dann mal los. Es gibt noch viel zu tun. 

Sprachlos. Fassungslos. Ratlos.

Los. So viel los. Vor allem heimatlos. Tausende Flüchtlinge schon seit Wochen, Monaten. Mir fehlen die Worte. Mein Herzensmann hat seine Gedanken und Gefühle in Worte gefasst. Auch er: ein Flüchtling. 

Flüchtlinge – Ich bin einer von ihnen

Mit diesem Mini-Post möchte auch ich die Initiative #BloggerFuerFluechtlinge unterstützen und verbreiten. Mein Aufruf an alle: Engagiert Euch!

Opfer und Täter

Es gibt diese Geschichten. Dieses und jenes Kind hatte bereits diese und jene Untersuchung, Operation und was weiß ich. Oft denkt man die Armen. Meist klingt es plausibel warum das alles notwendig war. Doch ist es das wirklich? Wie kommt es dazu? 

Es gibt Situationen, die möchte man nicht. Nein, sie möchte man nie nie nie. Trotzdem erlebt man sie. In diesem Moment ist da Angst und Hilflosigkeit und Angst, Angst, Angst. Kurz danach beruhigt man sich. Handelt. Denkt nun ist es gut. Dann noch einmal. Diese Situation. Die Angst kommt wieder und bleibt. Ferngesteuert geht man die nächsten Schritte. Sucht Hilfe, Antworten. Dann kommen Menschen mit weißen Mänteln. Sie helfen und wissen was zu tun ist. Sie machen und fragen. Man selber ist klein. So klein. Weit weg die innere Sicherheit, die Klarheit was gut ist, wie weit man diesen Weg geht. Den Weg der scheinbaren Wahrheit. Doch steckt die Wahrheit in Zahlen? Oder braucht es viel mehr? Anderes?

Am Ende geht man gesund. So sagen die Zahlen. Am Ende bleiben wir. Zerrissen. Kaputt. Belastet und Schuldig. Als Opfer und Täter. Die Anderen desinfizieren sich frei. 

Wenn aus Babys Kinder werden

dann ändert sich manche Aufgabe. Es ist dann nicht mehr nur Da sein, behüten und Bedürfnisse stillen. Es kommen noch Aspekte hinzu. Besonders der soziale Umgang mit Anderen, Grenzen kennen lernen, akzeptieren und respektieren will gelernt werden. Das wichtigste und vielleicht erstmal schwerste ist zu wissen was will ich, als Elter (wir als Eltern) was ist mir wichtig. Ich habe da bei manchen Dingen eine sehr klare Meinung. Und setze das durch. Nicht nur beim kleinen Mann. Denn ich merke, dass andere das nicht so sehen. Liegt etwas herum scheint es Allgemeingut zu sein. Sehe ich anders und so bestehe ich auf das Fragen. Auch bei Kindern von Freunden. Denn auch die Sachen vom kleinen Mann sind nicht Allgemeingut. Er mag es überhaupt nicht, wenn man seine Sachen einfach so nimmt. Inzwischen funktioniert das manchmal. Wichtig ist mir aber auch, dass ich mit ihm darüber kommuniziere. Dass heißt ich reflektiere sein Verhalten und erkläre, wie er es netter machen kann bzw. es sich gehört. 

Hier ein Beispiel: Heute auf dem Spielplatz. Wir haben uns mit zwei Freundinnen und deren Töchtern verabredet. Die eine Freundin mit Tochter war bereits da und H. (Die Tochter) aß Nüsse und kleine Knusperbrezeln. Der kleine Mann setzte sich dazu packte seine Kekse und sein Apfel aus und aß mit. Als H. fragte, ob sie auch einen Keks haben darf, antwortete der kleine Mann “nein”. Nicht nett, aber so weit so gut. In der Zwischenzeit hatte die Mutter von H. die Nüsse und Brezeln uns auch angeboten. Der kleine Mann griff zu. Kurz danach fragte H. nochmal nach einem Keks. Wieder kam die selbe Antwort. Doch das geht dann nicht. Ich erklärte ihm also, dass er gerade Nüsse und Brezeln von H. bekam und er auch teilen sollte. Er teilte ohne zuzögern. 

Kurz danach kam unsere andere Freundin. Während die Mutter noch ankam hatte sich M. schon eine Brezel genommen. Sie zeigte sie ihrer Mutter.  “Hast du dir wieder was ergattert?”, war die Antwort und ein verlegenes Hüsteln oder Lachen. 

Im Laufe des Nachmittags gab es immer wieder ähnliche Situationen. Auch M. Wollte ein Keks. Ich sagte ihr, sie soll den kleinen Mann fragen, denn es sind seine. Kurze Zeit danach ging sie einfach an die Kekse. Und als ich noch sagte, sie solle bitte fragen,  wollte sie sich einen in den Mund schieben. Auch die Trinkflasche des Septembermädchens wollte sie immer wieder nehmen. Da kam dann doch irgendwann ein Einwand der Mutter. 

Und während H. immer fragte wenn sie etwas wollte, nahm sich M. es einfach. So habe ich es heute nicht das erste Mal erlebt. 

Irgendwann kamen wir auch darauf zu sprechen in wie fern man Kinder Streitigkeiten selber regeln lassen kann (M. Ist ebenfalls 2 1/2 und H. Ist knapp 2). Nein ich greife nicht immer ein, wenn der kleine Mann sich “streitet”, aber ich achte darauf, dass sein “Nein” akzeptiert wird. Genauso wie ich darauf achte, dass er die Stopps und Neins und hör aufs anderer Kinder akzeptiert. Ausserdem versuche ich, wenn irgendwas in zu lautem Geschrei endet, zu klären was und wer der Ursprung war. Denn mir ist es wichtig, dass Handlungsalternativen gezeigt werden. Immer. So lernt der kleine Mann, dass man Spielzeug nicht einfach weg nimmt sondern a) fragt und b) etwas anderes zum Tausch anbietet. Genauso lernt er auch, wenn sein “Nein” bzw. “Hör auf” nicht akzeptiert wird, weg zu gehen. Keine Alternativen sind hauen, schubsen, beißen. Nur mit nicht und kein haben es Kinder nicht so. Deswegen erzähle ich ihm lieber was er machen kann und darf. 

Natürlich klappt das mal so und mal so. Schließlich ist er noch klein. Aber ich merke immerwieder, wie wichtig mir das ist und wie anstrengend es ist, wenn andere das nicht so sehen. Und auch der kleine Mann zeigt sehr deutlich, mit wem er lieber zusammen ist. 

Käthe Kruse 

Bewegt. Hat mich der Film. Bereits am Samstag kam er bei ARD. Heute schaffte ich es ihn an zuschauen. Nur durch Zufall las ich am Samstagmorgen eine Kritik auf Spiegel online und nahm den Film auf (Danke Sky mit Archiv Funktion). Bis dahin ahnte ich nicht, das hinter den schönen Puppen und Kuscheltieren, die mit den Kindern auch in unseren Haushalt Einzug gehalten haben, eine so mutige Frau und Lebensgeschichte steht. 

Sie beginnt als Schauspielerin. Wird unverheiratet schwanger. Der Mann, Max Kruse, bekennt sich zu ihr und dem Kind. Sie heiraten nicht. Für den Bildhauer beginnt eine schwere Zeit. Die Berliner Gesellschaft Anfang des 20. Jahrhundert billigt das Zusammenleben nicht. Er verliert Aufträge, kann seine Kunst nicht mehr verkaufen. Es kommt wie es kommen musste: Er schickt Frau und inzwischen zwei Kinder weg. Für Käthe Kruse ist es schwer aber es entpuppt sich als Glück. Sie macht eine Puppe für die Tochter. Auf einem Markt wird sie entdeckt. Es entstehen erste Aufträge und ein kleiner Marktstand. Das Leben geht noch weitere verschlungene Wege. Doch die Puppenproduktion nimmt immer mehr Raum in ihrem Leben ein. Wird die Familie ernähren. Am Ende des Films ein Rechtstreit. Der erste Urheberrechtsstreit in der Spielwarenindustrie. Käthe Kruse gewinnt. 

Immer wieder wird im Film auf die Situation der Frauen Anfang des 20. Jahrhunderts hingewiesen. Beiläufig. Und doch präsent. Eine Frau musste verheiratet sein. Alleinerziehende kaum denkbar. Ein gesellschaftliches Stigma. Wahlrecht. Fehlanzeige. Um den Prozess führen zu dürfen musste der Mann damals seine Genehmigung geben. Das sind nur wenige der vielen Dinge, die für uns heute selbstverständlich sind. 

So bewundere ich den Mut dieser Frau. Diese Kraft und Eigensinnigkeit. Möchte mir etwas mit nehmen in meinen Alltag. Auch ich möchte Geld verdienen. Möchte eine Sache haben, die meins ist. Die ich aufgebaut habe und für die ich alles machen würde. Ich bin gespannt was das bei mir sein wird. Puppen sicher nicht. Die gibt es ja schon. 

Dieser Post erscheint in der Reihe zu Karriere und Frau. Da für mich Käthe Kruse nicht nur für damalige Zeiten eine Karriere hingelegt hat. Sie war erfolgreiche Unternehmerin und hat ihren Beruf als Berufung gesehen.