Ist eine Reise die Freiheit?

Schon seit einer Weile fallen mir mehr und mehr Familien auf. Sie gehen mit ihren Kindern in liebevolle Beziehung. Sie begleiten ihre Kinder beim sich frei entwickeln und kommen irgendwann an den Punkt, dass sie die Koffer packen und Reisen. Es scheint die Möglichkeit schlechthin zu sein, Kindern eine freie Emtwicklung zu ermöglichen. Und es scheint Freiheit pur zu sein. Nebenbei kann man der deutschen Anwesenheitspflicht in Schulen ausweichen, den Kindern noch länger ihre Freiheit geben. 
Freiheit. 

Warum strebt alle Welt nach Freiheit? Und vor allem nach welcher? Wir leben in einer Welt der unbegrenzten Möglichkeiten. So können wir alles machen. Wir sind frei in unseren Entscheidungen. Wir können wohnen wo und wie wir wollen. Wir können essen was wir wollen. Wir können, dank des Internet, uns sämtliche Informationen (sinnvoll oder nicht sei dahin gestellt) beschaffen und auch arbeiten wo wir wollen. 

Grenzenlos.

So fühlt es sich an. Das wir irgendwann an Grenzen stoßen werden, kommt dann doch vor. Und grenzenlos ist nicht Freiheit. Doch welche Freiheit streben wir wirklich an? Frei sein bedeutet für mich genau mein Ding zu machen. Frei sein ist meinen Traum zu leben. Dazu muss ich bei mir sein und wissen was mein Traum eigentlich ist.  

 Zur Zeit leben wir in eine Wohnung in eine mir Kleinstadt. Wir haben einen Garten, nette Nachbarn, sichere Arbeit und im Großen und Ganzen geht es uns gut. Trotzdem fühle ich mich immer wieder unfrei, eingesperrt und gefangen. Dann möchte ich weg. Am liebsten würde ich dann direkt in ein Auto steigen, raus fahren und unterwegs sein. So kam auch bei uns die Idee einer Reise auf. Außerdem sind wir gerne unterwegs, neugierig und es gibt so viel zu entdecken. So fingen wir an zu planen. Wir bekamen grünes Licht vom Chef des Herzensmannes. Ein gutes halbes Jahr Frei-Zeit. Schnell waren da Ideen. Dahin und dorthin und am liebsten um die halbe Welt. Ruck zuck wurde aus der Frei-Zeit, durch organisierte Zeit. Es fühlte sich gar nicht stimmig an. Freiheit sieht doch anders aus. Oder? So überdachten wir. Verwarfen Pläne und überlegten uns neue. Weniger ist mehr. Doch dann fragten wir uns, was wollen wir wirklich? Schnell war klar, dass wir am Ende der Reise am gleichen Punkt stehen würden. Denn eigentlich wollen wir etwas ganz anderes. Unser Traum sieht anders aus. 

Freiheit heißt auch sich binden (können). Wir wollen einen Ort zum Leben. Einen Ort den wir gestalten können. Einen Ort an dem wir immer wieder heim kehren können. Ein Ort der uns ernährt, körperlich wie seelisch. Ein Ort an dem wir Sein können, Wurzeln schlagen und aufblühen. Wir sind keine Zugvögel. Wir brauchen eine Heimat. 

Für uns ist eine (Langzeit)Reise nicht die Freiheit. Denn unser Traum sieht anders aus. Und auch wenn es zur Zeit sehr viele Familien gibt die Reisen, und man das Gefühl bekommt, dass ist der richtige Weg. Muss jede Familie für sich allein ihren Weg finden. Denn es gibt nicht die eine perfekte Lebensweise. Und ich habe festgestellt, dass Freiheit nicht unbedingt etwas mit einem Ort oder eben keinem Ort zu tun hat. Freiheit ist ein Gefühl. Wir fühlen uns frei oder gefangen. Und so sind wir immer dann frei, wenn wir wir Sein dürfen, mit unseren Wünschen, Träumen und Hoffnungen. Wenn wir mit unseren Besonderheiten in Liebe angenommen werden von unserem Partner und von allen Mitmenschen. Frei sind wir, wenn wir Menschen sind. Und das gilt auch für unsere Kinder. 

Der Schwäbische Alb Nordrandweg – die Idee

Vor bald vier Jahren am 30. Juni sind der Herzensmann und ich zu einem Ausflug aufgebrochen. Der Dezemberjunge war natürlich in der Trage dabei. Wir wollten wieder ein bisschen mehr von unserer Heimat kennen lernen. So fuhren wir 15 Minuten mit dem Auto bis zum Parkplatz unterhalb der Teck. Von dort ging es über den Rauber zum Breitenstein.  

  

Blick vom Breitenstein


Zufällig bleibt mein Blick an irgendeiner Wandermarkierung hängen und ich lese “Albrandweg 365 km”. Diese Zahl bleibt in meinem Kopf hängen. Jeden Tag ein Kilometer. Warum nicht? 
Seit dem ist diese Idee in den Hintergrund gerutscht. Wir sind viel auf der Alb unterwegs gewesen und haben inzwischen schon den ein oder anderen Streckenabschnitt erwandert. Teilweise auch mehrfach. Aber ich frage mich immernoch: schafft man den Weg in einem Jahr? Mit zwei Kindern. Und nur an Wochenenden. Stück für Stück. Anfang des Jahres bekam ich durch die wunderbare Idee von Miriam von Emil & Ida eine 8 monatige Reise durch Deutschland zu machen neue Motivation. Den auch ich finde, dass es gar nicht immer so weit weg sein muss. In Deutschland kann man viel erleben und sehr viele Dinge entdecken, die wir uns wahrscheinlich gar nicht vorstellen können, dass es sie in Deutschland gibt. Wie schön es ist langsam durch Deutschland zu reisen haben wir nicht erst auf unserer Radreise gemerkt. Und so habe ich beschlossen, dieses Projekt in diesem Jahr anzugehen. 365 Kilometer – das sollte doch zu schaffen sein, oder? 

Ich bin mir nicht ganz sicher. Bis jetzt ist kein einziger gelaufen. Aber ich bin schon sehr gespannt welche tollen Blicke und Ecken wir entdecken werden. Auf jeden Fall werden wir viele Burgen passieren, durch Wälder wandern und über Wiesen schlendern. Wie es uns dann wirklich ergeht, könnt Ihr natürlich hier lesen. 

Wer mehr über den Weg erfahren will kann auf der Seite des Schwäbischen Albvereins oder bei Wanderbares Deutschland mehr Informationen erhalten. 

Von Görlitz bis nach Usedom – Teil 1

Montag 30.5.

Nach einigen letzten Besorguungen in Görlitz ging es dann endlich los. Wir saßen auf den Fahrrädern, bzw die Kinder im Anhänger und wir radelten. Ein herrlich freies Gefühl war in uns. Die Luft war angenehm, die Sonne schien wieder, besser konnte es nicht sein. So radelten wir aus Görlitz hinaus. Nach gut einer Stunde wurde unsere Fahrt durch Abrissarbeiten unterbrochen. Die Kinder stiegen aus und wir schauten ein bisschen zu. Der erste Hunger wurde mit einem Brot gestillt.  

 An Einsiedel vorbei geht es weiter nach Rothenburg. Dort gab es Mittag und eine Tobepause im Park mit seinen vielen Rhododendrenarten.  

   

Wir machen uns schnell wieder auf den Weg und tretten kräftig in die Pedale. Der Himmel sah sehr dunkel aus. Als wir an einem Bushäuschen vorbei fahren und den Himmel betrachten, fahren wir lieber schnell dort rein. Genau im richtigen Moment. Kurz darauf beginnt es zu stürmen und der Himmel öffnet sich. Wir warten das Gewitter dort ab. Die Kinder sitzen doppelt geschützt im Hänger im Bushäuschen und haben ihre Zankereien vergessen. Es kichert und quatscht aus dem Hänger raus. Wir beobachten das Gewitter und machen uns Gedanken, wo wir übernachten könnten. Als wir in der Mittagspause in Pensionen und bei Privatleuten anrufen werden wir abgewiesen, sobald sie hören, dass zwei kleine Kinder dabei sind. Der Regen hört auf und es ist gegen 17:00 Uhr. Wir radeln weiter und halten Ausschau. In Podrosch werden wir fündig und können unser Zimmer beziehen. 

Wir sind direkt an der Grenze und so steht ein Polizeiauto vor dem Haus. Mit den Kindern gehe ich dort hin, damit die Zwei sich noch ein bisschen bewegen. Wir dürfen im Polizeiauto sitzen, Blaulicht an und aus machen und den Polizisten bei der Kontrolle zu schauen. Die Kinder sind ganz begeistert und ich schwatze mit den Polizisten, die sich freuen mal was erzählen zu können. Dann geht es ins Bett. Die Kinder brauchen ein bisschen. Doch dann schlafen alle gut. 

Dienstag 31.5.

Ich bin zeitig wach. Langsam erwachen alle anderen und wir essen Frühstück. Dann packen wir alles ein und sitzen um 9 Uhr auf den Rädern. Die nächste Etappe bringt uns nach Bad Muskau. Immer wieder fahren woran wunderschönen Backsteinhöfen vorbei und ich komme ins schwärmen. Die Sonne scheint und die Luft ist erfüllt von den herrlichsten Gerüchen.  

 In Bad Muskau bewundern wir den Park und das Schloss. Der kleine Mann flitzt auf dem Laufrad rum. Und ich mache Schattenfotos.  

 Nach einer kleinen Rast und einem Einkaufsstop, radeln wir weiter. Ich entdecke den ersten Zeltplatz, den wir auf der Tour nach unserem Abi angesteuert haben. Sonst ist das meiste neu und ich frage mich, ob ich hier wirklich schon mal lang gefahren bin. Nach einer Weile wird der Mittagshunger groß und wir machen Rast am Damm. Auf dem Kocher machen wir Polenta und schnipseln noch Gemüse mit rein. Die Kinder toben rum, bauen mit Steinen und entdecken große und kleine Tiere. Auf dem Weg zu einem Hochsitz, huscht ein Reh vor uns über den Weg. Ich schnappe mir den kleinen Mann und wir flitzen hinter her. So können wir es noch beobachten, wie es über das Feld davon springt. Dann radeln wir weiter bis nach Sacro kurz hinter Forst. Im Gasthof finden wir eine Unterkunft, ein Eis und einen Spielplatz für die Kinder. Perfekt! 

Mittwoch 1.6.

Es regnet. So richtig. Wir lassen uns beim Frühstück Zeit und auch beim Packen trödeln wir. Der Regen hört auf und 10:15 Uhr starten wir. Wir fahren durch zwei Dörfer und können drei bewohnte Storchennester bewundern. In Briesnig treffen wir wieder auf den Radweg. Wir kommen gut voran. Der Weg führt auf dem Damm lang oder parallel dazu auf einer alten Eisenbahnstrecke schnurgerade durch den Wald. Wir überlegen, ob wir eine Rast und einen Tag Pause in Göhlen in der Hütte vom Bruder des Herzensmannes einlegen.  

 Mittags kommen wir in Guben an. Wir schauen aufs Wetter und sehen sehr viel Regen. So beschließen wir den Tag Pause und kaufen erstmal ein. Nach einem Mittagessen beim Asiaimbiss machen wir uns auf den Weg Richtung Göhlen See. Weg von der Oder geht es Bergauf und Bergab. Über Feldweg, Plattenpiste und Asphalt, auch Kopfsteinpflaster ist dabei. Wir machen uns Sorgen um die Eier. Die Kinder zanken im Anhänger rum. Der eine nervt, die andere beißt. Kurz vorm Ziel noch so ein Theater! 

  Am frühen Nachmittag sind wir da. Die Kinder entdecken den Wald. Wir räumen ein, packen aus und machen uns ein Bild. Vier Jahre waren wir nicht mehr hier. Wir sind die Ersten, die dieses Jahr die Hütte aufschließen, denn der Bruder vom Herzensmann ist in Asien unterwegs. Wir kochen Nudeln mit Tomatensoße, dann gehen die Kinder ins Bett. Der Herzensmann und ich schauen dem Regen zu und lauschen dem Gewitter. Wir spielen eine Runde Scrabble und gehen bald ins Bett. 

Zugfahrten

Entspannt liegt er da, neben mir auf dem Sitz. Nach einer Weile vor-sich-hin-gucken ist er eingeschlafen. Der Zug ruckelt heftig. Neigetechnik eben. Doch das scheint ihn nicht zu stören. Auch ich bin entspannt. Freue mich auf zu Hause. Das eigene Reich. Die gewohnte Umgebung. Alles Erlebte kann verarbeitet werden. Ruhe für den kleinen Mann nach aufregenden Tagen. Meine Gelassenheit heute scheint sich zu übertragen. Ganz anders war unsere letzte Zugfahrt.

Vor zwei Tagen die Probe für heute. “Nur” zwei Stunden hin und wieder zurück. Ein Tagesausflug, um eine liebe Freundin zu besuchen. Wir zwei alleine unterwegs. Regelmäßig im Zug aufs Klo. Der kleine Mann war aufgeregt. Müde auch. Konnte nicht schlafen. Es gab so viel zu sehen. Ständig kam jemand den Gang entlang, gab es draußen neues zu entdecken, wurde er abgelenkt. Auch in der fremden Stadt konnte nur kurz ausgeruht werden. Die Wohnung der Freundin bot soviel zu sehen und erkunden. Spannend alles, aufregend.

Die Aufregung macht sich beim kleinen Mann auch in der Verdauung bemerkbar. Oft meldet er sich. Viele kleine Klogänge folgen. Oft nur für einen Pups. Er ist dann sehr unruhig, da es ihm im Bauch rum geht. Das macht es auch anstrengend. Für mich und für ihn. Es kommt keine Ruhe rein. Auf der Rückfahrt war er dann auch quengelig, ich genervt, beide müde. Irgendwann fielen ihm dann doch die Augen zu.

Heute wird es länger. Denn ganzen Tag unterwegs. Mal sehen wie es weiter geht. Wie lange er schläft. Wie oft wir aufs Klo müssen. Für die Tour heute gibt es Pampers. Als Backup und um die Fahrt etwas entspannter anzugehen. Mit jedem Verreisen, jeder Fahrt mehr werde ich sicherer, gelassener. Was sich auf den kleinen Mann überträgt. Die Reisen gewöhnlicher werden. Nicht zur Gewohnheit. Sollen sie auch nicht. Aber doch so vertraut, dass sie uns nicht mehr so aus dem Alltag raus werfen. Wir uns zurecht finden in diesen besonderen Situationen.