Hier so

Seit Montag ist hier wieder Alltag Alltag. Die Elternzeit des Herzensmanns ist rum. Am Wochenende hatte ich schon ein bisschen Bammel. Ich mein nach sechs Wochen gemeinsam alles schmeißen und Zeit haben für Schreibtisch Arbeit. Da kann man schon mal einen Dämpfer bekommen, wenn alles an einem hängt und die Schreibtischzeit auf Schlafphasen reduziert wird. Nach den ersten Tagen bin ich entspannt. Ich schaffe doch etwas. Das Septembermädchen schläft Vormittags ein bisschen. Abends bin ich dank Mittagsschlaf noch so fit, dass ich mich an den Schreibtisch setzen kann. So habe ich heute wieder einen kleinen Teil abarbeiten können. Ich bin ganz stolz. Trotzdem habe ich mich noch einmal rückgemeldet. Werde noch ein Semester Studentin sein. Denn der Februar ist kurz und auch der Januar war schnell rum. Durch meine zwei letzten Prüfungen und die Vorbereitung waren wieder zwei Wochen zum Bachelorarbeit schreiben weg. Ja so ist’s. Manchmal bekomm ich die Krise, hab das Gefühl die Zeit läuft davon, nichts passiert oder wird fertig. Doch jetzt läuft es gut. Nicht so schnell, aber es läuft. Das ist wichtig. Eine Fahrt im Bummelzug kann ja auch ganz schön sein und ans Ziel kommt man auf jeden Fall.

Mein Nähe – Overflow

Der große Mann ist nun seit drei Wochen zu Hause. Das ist schön und gleichzeitig auch anstrengend. Für mich. Denn auch ich bin viel zu Hause, sitze am Schreibtisch, lerne und werkel vor mich rum. So sind wir gerade mehr oder weniger den ganzen Tag zusammen. Also nicht immer im selben Raum und wir gehen ja auch oft genug unseren Beschäftigungen nach. Ich bin in der Hochschule. Der große Mann kümmert sich um den kleinen Mann, macht Besorgungen etc. Aber wir sind so viel zusammen wie sonst nicht. Nach drei Wochen komme ich da an meine Grenzen. Ich bin schneller genervt, störe mich an Sinnlosigkeiten und sehne mir das Ende der Elternzeit herbei. Gleichzeitig stecke ich in einem Zwiespalt. Denn ich möchte die Zeit neben den Prüfungen ja auch genießen, denn schnell genug muss er wieder arbeiten und ist den ganzen Tag weg. Und unsere gemeinsame Zeit beschränkt sich wieder auf einige wenige Stunden am Abend und das Wochenende.

Diese Grenze an Nähe kenne ich von mir bereits. Auch mit sehr guten Freunden kann ich nicht extrem viel und auf Dauer zusammen sein. Nach langen (max 10 Tagen wenn ich mich richtig erinnere) gemeinsamen Sommerurlauben brauchte ich erstmal eine halbe Woche Sendepause. Wenn man bedenkt, dass wir uns sonst im Alltag ohne Probleme jeden Tag sehen konnten, war das dann doch ungewöhnlich. Aber wir hatten ja auch unterschiedliche Schulen, Nachmittagsbeschäftigungen wie Musikschule oder ähnliches die nicht gemeinsam waren und so genügend Abstand. Für mich ist mein Verhalten also nicht ganz ungewöhnlich und neu. Mit dem großen Mann hatte ich diese, meine Grenze nur noch nicht festgestellt. Auch im Sommer konnten wir problemlos vier Wochen zusammen sein. Da war jedoch auch ein Urlaub dazwischen. So scheint der Umgebungswechsel meine persönliche Grenze an Nähe noch zu verändern. Das wusste ich bisher noch nicht. Jetzt sind wir die ganze Zeit zu Hause (bis jetzt*). Die Rollen sind mehr oder weniger festgelegt. Jeder spielt seinen Part in unserer kleinen Familie. Und so hängen wir eben mehr oder weniger aufeinander.

Heute bin ich jetzt erstmal geflüchtet – in die Hochschule – und hoffe, dass der Vormittag woanders schon ein bisschen was bringt. Denn eigentlich lerne ich gerne zu Hause. Dort habe ich alles Vorort. Ich schleppe nicht gerne meine Kilos an Ordnern voller Skripten mit mir herum. Sitze nicht gerne in der Bibliothek. Ich mag meinen unaufgeräumten Schreibtisch, meinen bequemeren Stuhl (in der Hochschule tut einem ziemlich schnell der Hintern weh). Ich lerne gerne ein paar Stunden am Stück und unterbreche dann um irgendetwas im Haushalt zu machen (besonders gerne zeitlich begrenzte Aufgaben wie Spülmaschine ausräumen, oder Wäsche waschen, aufhängen). So kann ich meinem Kopf eine kleine Pause gönnen, bringe meinen Stoffwechsel wieder in Gang. Nach nun fünf Semestern für Prüfungen lernen weiß ich, wie es am Besten funktioniert. Wenn ich ganz für mich bin. Das bin ich seit gut 13 Monaten nicht mehr. Muss mich für zwei Semester umstellen auf ‘lernen mit Kind’. Gar nicht so leicht. Im Moment klappt es ganz gut, da ich durch die Elternzeit zumindest fast für mich bin. Ich kann meinen Lernrhythmus frei wählen. Kann zwischen durch mit dem kleinen Mann spielen oder Wäsche machen. Also eigentlich perfekt. Wäre da nicht mein persönlicher Nähe – Overflow.

* Zum Abschluss der Elternzeit und meiner beendetet Prüfungszeit gönnen wir uns noch ein Wochenende “woanders”. Mehr dazu dann wenn es soweit ist.

Elternzeit = Familienzeit

Ab heute ist es nun soweit. Wir haben Zeit. Besser der große Mann hat Zeit. Zeit für uns. Zeit für den kleinen Mann. Zeit für Familie. Das heißt auch etwas mehr Zeit für mich. Denn der große Mann hat nun seinen ersten Monat Elternzeit. Für uns heißt das, gerade jetzt im Sommer, gemeinsam Zeit zu haben. Erst zu Hause. Dann im Urlaub. So wie so viele Familien es machen. Die Elternzeit gemeinsam für einen längeren Urlaub nutzen. Auch wenn sie so nicht gedacht war. Egal.
Wir wollen einfach die Zeit genießen, die uns dadurch geschenkt wird. Der große Mann freut sich über die vielen Tage, die vor ihm liegen. Tage, an denen er dem kleinen Mann beim Wachsen und Welt entdecken zu gucken kann. Es sehen was sich tut. Nicht nur hören. Mir wird es immer wieder am Wochenende bewusst, wie wenig er nur von der täglichen Entwicklung mit bekommt. Vieles, was der kleine Mann kann, ist für mich schon selbstverständlich. Ja, er kann im Kreis robben, fast alleine sitzen und noch einiges mehr. Aber er macht es eben nur tagsüber und nicht mehr abends in der kurzen Zeit vom Waschen bis ins Bett. Die Zeitspanne, die der große Mann seinen Sohn erlebt. Und früh nach dem Aufstehen, beim Frühstück. Doch auch da sind beide mit anderem beschäftigt. So erlebt er den kleinen Mann nur am Wochenende ganz. Kann sehen, mit erleben, mit entdecken was der kleine Mann so treibt.
Auch für den kleinen Mann ist es schön seinen Papa so viel um sich zu haben. Beide können sich noch besser kennen lernen. Ihre eigenen Wege und Rituale finden und spielen. Vor allem spielen. Denn das ist anders als mit Mama.
Und ich? Ja, ich freue mich natürlich auch. Ich bin entspannter, wenn ich weiß, da ist noch jemand. Ich bin nicht der Alleinunterhalter. Kann auch mal in Ruhe irgendwas machen ohne das der kleine Mann schläft. Muss nicht die ganze Zeit hundert Prozent da sein. Kann auch mal sagen: ich bin dann mal kurz weg. Du bist dran. Ich weiß schon jetzt, dass ich mehr machen werde als ich muss und manchmal auch will. Dass ich nicht so viel abgebe wie ich könnte. Gleichzeitig aber auch nicht so viel abgenommen bekomme, wie ich wollte. Aber das ist eh sehr schwierig, es richtig richtig zu machen. Mal ist es so und dann wieder ganz anders. Ich kenne den Tagesablauf in und auswendig. Der große Mann eben nicht. Zwar so ungefähr. Aber… Und so ist es mit vielen Sachen. Und wenn sich alles richtig gut eingespielt hat, dann ist der Monat wahrscheinlich schon wieder rum. Und deswegen genießen wir einfach die Zeit. Jeden Moment.