Sehnsucht und Herzschmerz

Gerade haben wir noch ein bisschen vorgelesen. Nun klettern beide die Leiter hinauf. Ich lege das Buch weg. Das Septembermädchen schreit. Klare Ansagen meinerseits folgen. Der kleine Mann weigert sich noch etwas und ich mache das Licht aus. Nun legt er sich doch hin. Ich möchte anfangen das Gute-Nacht-Lied singen, prompt klappert es im Flur. Der Herzensmann kommt nach Hause. Ich halte beide Kinder im Bett. Mit dem Septembermädchen recht einfach. Doch der kleine Mann wollte unbedingt zum Papa. Als dieser kam drehte er sich weg und weigert sich “Hallo” zu sagen. Also ging der Herzensmann um sich aus den Arbeitsklamotten raus in bequeme Kleidung rein zu begeben. Als er wieder kam hatte ich den kleinen Mann auf dem Arm zum trösten. Denn er wollte eigentlich zu Papa. Doch als dieser die Arme ausstreckte, schlug der kleine Mann zu. 

Zwei Stunden später wacht der kleine Mann schreiend auf. Er drückt sich durch. Geht die Wände hoch. Dreht durch. Irgendwann will er auf meinen Arm. Dort schnauft er kurz durch. Lehnt sich an. Wieder durch drücken, schreien. Zwischendurch geht der Herzensmann aus dem Zimmer. Der kleine Mann will zu Papa. Also gehen wir hinter her. Doch bei ihm, will der kleine Mann nicht zu ihm. Auf meinen Arm. Anlehnen. Ich spreche aus was ihn bedrückt. Dabei ist er ganz ruhig, hört mir zu. Ich spreche das Richtige aus. Dann möchte er wieder ins Bett. 

Viel mehr möchte und muss ich nicht dazu schreiben. Sehnsucht und Herzschmerz. Der kleine Mann vermisst den Papa. Sehr. Aber er ist auch sauer. Sauer auf ihn, dass er jeden Tag geht. Noch einen Tag. Dann sind erstmal Ferien. Durch schnaufen. Auftanken. Zeit haben. 

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Nachtrag: Worüber der ein oder anderen seine ganz eigene Meinung haben kann. Ja der kleine Mann hat geschlagen und es ist nicht das erste Mal. Auch schlagen gehört wie beißen oder treten zu Kommunikationsformen. Extremen Kommunikationsformen. Doch manchmal weiß ein kleines Kind nicht sich auszudrücken. Dann nimmt es diese Art. Pure Emotion. 

Armer Papa!

Mein Sohn ist im Moment ein Muttersöhnchen. Eigentlich kein Problem. Denn ich bin normalerweise die Hauptbetreuungsperson, so das es nicht einmal aufgefallen wäre. Aber nun sind wir nicht mehr alleine zu zweit. Nicht mehr der kleine Mann und ich. Wir sind jetzt für eine kurze besondere Zeit zu dritt. Jeden Tag. Und da fällt es auf. Denn der Papa möchte die Zeit intensiv mit seinem Sohn verbringen. Die Mama entlasten. Denn Alltag mit Kind er-leben. Meistens funktioniert das auch ganz gut. Ich übe mich im Abgeben. Die Männer können sich ihre eigenen Rituale, Wege für die verschieden Aktionen suchen. Doch immer wieder sagt der kleine Mann: Hey, so nicht. Jetzt reicht’s, ich will meine Mama. Situationen, die eigentlich überhaupt kein Problem sind. Zu Hause, am Wochenende, auch schon nur von den beiden gemeistert wurden.
Einschlafen zum Beispiel geht gar nicht mit Papa. Da wird ein Theater gemacht und geschrien. Kaum aus zuhalten. Besonders, wenn ich im Nebenzimmer sitze und das Theater schnell beenden kann. Komme ich dann ins Zimmer wird erstmal gegrinst. Dann ein bisschen weiter Theater gemacht, weil ich ihn nicht schnell genug auf den Arm nehme. Ist er dann bei mir, ist alles gut. Er grinst den Papa an und freut sich. Je nach Situation auch meistens relativ schnell eingeschlafen. Für den großen Mann ist das so gar nicht leicht. Denn es ist oft nicht nur das Einschlafen ein Problem. Auch über den Tag verteilt gibt es immer wieder Situationen, in denen er partout nicht bei ihm sein möchte. Das ist für das Papa-Ego ganz schön schwer aus zuhalten. Inzwischen geht es besser. Er kann auch mal drüber Lächeln. Aber eigentlich macht es ihn traurig. Denn er hat einen hohen Papa-Anspruch an sich selber.
Ich konnte ihm versichern, dass es in ein paar Jahren ganz anders sein wird. Schließlich ist er ja noch ein Baby. Mit diesem Wissen lässt sich das aushalten. Gerade so. Einen kleinen Stich in der Herzgegend wird es sicher trotzdem geben.