Semesterstart

Seit nun zwei Wochen ist bei mir die Hochschule wieder weiter gegangen. Die ersten drei Tage volles Programm. Diese Woche deutlich ruhiger. Das Wochenende vor dem Start war aufregend. Zumindest für mich. Im Kopf lief ein Fragenband. Ununterbrochen. Zweifel, ob das alles funktioniert. Ob es von der Organisation alles passt. Wie ich meinen Ansprüchen gerecht werde. Ja, wie immer bevor irgendwas Neues losgeht, kommt die Sinnfrage und alle anderen hoch. Ob ich will oder nicht. Hinzu kam, dass der große Mann auf Geschäftsreise musste. Ich die Nachmittagsbetreuung also wieder anders organisieren musste. Vormittags bei der Tagesmutter. Das war klar und kein Problem. Aber von zwölf bis vier stand in den Sternen. Die praktischste Variante, der kleine Mann kommt mit. Aber geht das? Eine kurze Mail an den Prof. Antwort kurz und knapp. Mein Sohn sei herzlich willkommen. Ich jubilierte innerlich. Ein Hoch auf nette Profs. Und was soll ich sagen. Es war wirklich kein Problem. Am Anfang war der kleine Mann in der Manduca. Bis er irgendwann eingeschlafen war. Immer nur für eine dreiviertel Stunde, aber besser als nichts allemal. Danach hab ich ihn einfach auf dem Boden spielen lassen. Ich konnte mich erstaunlich gut auf die Themen konzentrieren. Die drei Tage Seminar also abgehackt. Und ich war danach extrem erleichtert.
Das lange Wochenende wurde zum Schlaf nachholen genutzt. Vormittagsschlaf und Mittagsschlaf wieder schön ausgedehnt. So wie es sein soll.
Diese Woche ging dann die Hochschule bei allen wieder los. Der normale Stundenplan lief an. Langsam. Zum Angewöhnen. Nicht jede Vorlesung startete direkt. So konnten wir erstmal testen, wie es jetzt sein wird. Mein Stundenplan ist entspannt. Dienstag und Freitag den ganzen Tag. Mittwochs eine Vorlesung vormittags und alle zwei Wochen nachmittags. So habe ich Montag und Donnerstag frei. Das tut gut. Die Vorlesungszeiten ist der kleine Mann bei der Tagesmutter. So kann ich ungestört zu hören. Mich voll auf die Themen konzentrieren. Wie es mit Hausarbeiten schreiben, nach arbeiten und lernen wird, werde ich noch sehen. Da werden die Schlafpausen des kleinen Mannes genutzt, Abendschichten geschoben und die Wochenenden mit Papa-Sohn-Zeit geplant.
Ich freu mich schon drauf. Bin wieder hochmotiviert und froh. Froh, wieder den Kopf zu benutzen. Froh, mich wieder mit anderen Themen zu beschäftigen. Froh, andere Menschen zu treffen. Auch froh über die tolle Tagesmutter. Froh, das der kleine Mann es dort sehr gut hat. Und froh, dass es ihm dort auch gefällt. Alles in allem einfach richtig und gut jetzt wieder weiter zu machen.

Und jetzt?

Ich stehe gedanklich vor einer Wand. Oder einem großen Loch. Oder, oder oder. Vor so ziemlich allem was ein Hindernis ist. Eins, wo man merkt, der Plan funktioniert nicht. Bitte einmal alles auf Anfang. Mit meinen jetzigen Erkenntnissen etc. pp. Um alles besser, richtiger zu machen. So das es sich gut anfühlt und mir, meinen Ansprüchen und meiner Familie gerecht wird. Wo ist die Zeitmaschine, wenn man sie braucht? Zum vor- und vor allem zurückspulen nach Lust und Laune. Leider geht es nicht. So muss anders eine Lösung her. Pläne um bauen, Ideen reifen lassen und vielleicht was tolles auf die Beine stellen.

Ich hatte einen Plan. Im Oktober geht das Semester wieder los und ich möchte wieder los legen. Weiterkommen, um fertig zu werden. Erstmal, so war der Plan, nur Vormittags Vorlesungen besuchen. So bleibt noch viel Zeit für den kleinen Mann. Wir können uns langsam an die Fremdbetreuung gewöhnen. Mit einer Tagesmutter, die Vormittags Zeit und Lust hat. Auch für windelfrei offen ist. Alles wunderbar. Im September die Eingewöhnungsphase starten. Vor dem Urlaub schon ausgemacht. Mit dem alten Stundenplan geschaut wie und ob das funktionieren könnte. Kann. Der Plan ist gut. Für alle. So ging ich in den Urlaub. Wartete ungeduldig auf den neuen Stundenplan. Hoffte, dass alles so bleiben würde.

Das tat es nicht. Wie so oft, läuft auch diesmal nicht alles nach Plan. Muss ich noch mal neu denken. Von vorne anfangen. Der Großteil des Stundenplans ist nun bekannt. Ich kann anfangen zu basteln. Ein Puzzlespiel. Leider mit einigen Vorgaben, die nicht so einfach ein zuhalten sind. Zusammenhängende Module sind auf Vormittags und Nachmittags aufgeteilt. Veranstaltungen finden parallel statt. Nur Vormittags studieren wird nicht funktionieren. Das steht schon mal fest. Zu viele Vorlesungen liegen in den Nachmittagsstunden. So werde ich wahrscheinlich der Tagesmutter wieder Absagen müssen. Schade. Vielleicht kann dann eine Bekannte die Betreuung übernehmen. Ich hatte sie schon gefragt, nach dem ich erfuhr, dass sie als Tagesmutter anfängt. Doch sie hat nicht so viel Zeit, wie ich mir damals vorstellte. Da war die Antwort, sehr gerne, aber nur drei Tage auf gar keinen Fall Donnerstag. Wie es mit Nachmittags aussieht hatten wir noch nicht besprochen. Das wäre noch eine Möglichkeit. Meine Hoffnung. Meine favorisierte Variante ist das nicht. Mein Traum als Studierende Mutter sieht anders aus.

Ich stelle mir eine flexible Betreuung vor. Durch ein oder zwei Tagesmütter. In Hochschulnähe oder in Räumen der Hochschule. Eine Art Hochschul-Kita. Während bestimmten Zeiten zum Beispiel von 8:00 bis 18:00 Uhr können die StudentInnen ihre Kinder frei bringen. So wie sie es brauchen. Natürlich mit Absprache. Die maximale Kinderzahl wird festgelegt. StudentInnen werden bevorzugt. Wenn noch Plätze frei sind, können Mitarbeiter der Hochschule diese nutzen. Ich bin mir sicher, auch da ist Bedarf da. Finanziert wird das Ganze gemeinsam. Studenten, Hochschule, Land und/oder Stadt. In unserem Landkreis gibt es eine Kostenübernahme bei der Betreuung durch Tagesmütter. Diese sollte auch hier greifen. Die restlichen Betreuungskosten tragen die Eltern, wie sonst auch. Die Räume werden durch die Hochschule gestellt. Egal ob in der Hochschule oder eine kleine Wohnung/Ladenräume in der Nähe.

Ja, so sieht er aus mein Betreuungstraum. An vielen Unis und Hochschulen schon lange vorhanden. Doch hier im Süden habe ich immer wieder das Gefühl, als junge Mutter selten zu sein. Es gibt nicht viele Mütter an unserer Hochschule. Auch Väter kenne ich keine. Kommt man mit Bauch oder Kind in die Hochschule wird man definitiv angeschaut. Es ist einfach selten. Hunde sieht man da eher in der Vorlesung. Woran das liegt, weiß ich nicht. Sicher nicht allein an der geografischen Lage. Vielleicht werden hier auch andere Modelle häufiger praktiziert als das unsere. Vielleicht bekommen die Frauen hier ihre Kinder wirklich später. Mir ist das alles egal. Ein Versuch ist es Wert. Ein Aufruf gestartet. Wer weiß, vielleicht kann sich dieser Traum erfüllen. Dann kann sich die Hochschule auch noch Kinderfreundlichkeit auf die Fahne schreiben. Das kommt ja gerade überall gut an.

Rollentausch

So geht’s also auch! Zwei Tage Rollentausch. Ich geh früh aus dem Haus. Der große Mann bleibt daheim. Kümmert sich um den kleinen Mann. Sieht wie so ein Tag mit Kind ist.
Ich hatte zwei Tage Seminar. Das hieß von 9:45 bzw. 8:00 bis 19:00 Uhr in der Hochschule sein und lernen. Im Vorfeld habe ich mir schon meine Gedanken gemacht. Wie wird das? Funktioniert das überhaupt? Wie klappt das mit dem Stillen? Werden die Professoren Probleme machen? Kann ich mich dann gut genug konzentrieren? Lauter solche Fragen gingen mir durch den Kopf. Besonders nachdem der kleine Mann letzte Woche einen Schub hatte und durchweg essen wollte. Ich hatte mich schon ein bisschen drauf eingestellt, dass Seminar doch nicht machen zu können. Es auf das nächste Wintersemester verschieben zu müssen. Oder noch weiter. Doch am Wochenende normalisierte sich der Essrhythmus wieder. Ich war froh. Das Seminar konnte kommen.
Es war schon komisch, als ich aus dem Haus bin. Dem großen Mann hab ich den groben Tagesablauf geschildert. Zum Mittag kam ich nach Hause. Stillzeit! Beide Male musste ich ein bisschen vor der Mittagspause das Seminar verlassen. Kein Problem. Während dem Stillen und dem Mittagessen konnten wir den weiteren Tag besprechen und ich bekam einen kurzen Bericht. Am Nachmittag kamen die Männer zu mir zum Stillen. Der Sani-Raum kann ganz gemütlich sein. Besser als im Flur, Vorraum oder ähnliches ist er allemal. Gut wenn man weiß, wo der ist. Für die Abendmahlzeit war ich dann wieder zu Hause. Das hat grad gepasst. Dann den Kleinen Bett fertig machen. Diesmal meine Aufgabe, um dem Papa etwas freie Zeit zu gönnen. Sonst ist das eben auch anders rum.
Und schwuppdiwupp sind zwei Tage voller Aktivität und mit etwas “altem Leben” vorbei. Schon bin ich wieder zu Hause. Kümmere mich um den kleinen Mann. Das traditionelle Familienbild wieder da. Oder? Nicht ganz. Nächste Woche beginnt die Vorlesungszeit im Sommersemester. Zwei Prüfungen stehen Anfang April noch an. Für mich war es wunderbar das Seminar. Mal wieder was anderes machen. Andere Leute sehen. Gespräche führen. Es hat mich wieder motiviert. Mir gezeigt, dass es funktionieren kann. Studium und Kind.