Drei Mal war der kleine Mann nun im Kindergarten. Noch bin ich mit dabei. Noch ist es nicht der volle Tag. Der kleine Mann ist begeistert. Er möchte nicht nach Hause gehen und hat heute schon gefragt, wann er wieder in den Kindergarten gehen darf. So weit, so gut.
Doch ich habe Bauchschmerzen. Ich habe es mir Ende letzten Jahres nicht leicht gemacht, welcher Kindergarten der richtige wäre. Ich habe Listen geschrieben, abgewogen, hin und her überlegt und noch einmal alles überdacht, bis ich dann die Entscheidung traf. Ja, ich, natürlich im Einvernehmen mit dem Herzensmann, aber am Ende werde ich ihn hauptsächlich bringen und holen und die tausend Kleinigkeiten, die mit dem Kindergarten zusammenhängen, erledigen. Und nun zweifle ich an meiner Entscheidung. Warum? Weil ich das, was ich im Kindergarten erlebe und sehe nicht gut finde. Ja, ich habe bis jetzt nur kleine Momente gesehen, aber in denen Frage ich mich ständig: What?
Der aller erste Tag. Eine Stunde Kindergarten am Nachmittag. Wir kommen an, werden begrüßt und der kleine Mann bekommt sein Fach gezeigt. Dann geht es in den Gruppenraum. Die Erzieherin zeigt dem kleinen Mann alles. Ich halte mich im Hintergrund bzw. das Septembermädchen davon ab sämtliche Kleinteile auszuräumen. Ich bekomme mit, wie der kleine Mann ein paar Bauteile zu einer Krone zusammen steckt. Dann wird er weiter geführt zum Nächsten, kaum ist er da fertig geht es wieder weiter und so weiter. In der Puppenecke entdeckt er dann den anderen Gruppenraum. Also wird dieser gezeigt. Ich freue mich, denn es wird auf das Kind eingegangen. Inzwischen ist die Stunde fast rum. Die anderen Kinder ziehen sich bereits an, da kommt der kleine Mann mit der Erzieherin wieder. Ich merke wie der kleine Mann stockt als er sieht, das die anderen Kinder sich anziehen. Die Erzieherin erklärt ihm “Ich zeige dir jetzt noch wo das Klo und unser Malraum ist.” Und abziehen sie, ich frage mich: Hä? Er wird doch noch genug Zeit in den nächsten Tagen haben alles zu erkunden. Außerdem stelle ich fest, das keinerlei Interaktion mit den anderen Kindern statt fand. Kein Hallo, das ist der kleine Mann und ist jetzt auch hier in der Gruppe. Nichts. Ich denke mir na gut, vielleicht morgen Vormittag, wenn alle Kinder da sind.
Nein. Es gibt keine kleine Vorstellung. Auch nicht an irgendeinem anderen Tag. Ich bin froh, das der kleine Mann die zwei Kinder von der Tagesmutter kennt und sie mit in die Gruppe gehen. Am zweiten Tag erlebe ich schlecht gelaunte Erzieherinnen, die motzig mit den Kindern um gehen, einen durch getackteten Tagesablauf in dem kaum Zeit für freies Spielen und entdecken ist. Mir fallen die Kindergesichter auf, die alle recht resigniert aussehen. Glücklich sieht anders aus. Und ich frage mich beim Singen, ob wir hier in der Schule sind.
Am dritten Tag gehe ich zwischendurch mit dem Septembermädchen raus. Ich hatte das bereits vorher mit dem kleinen Mann besprochen. Alles war gut. Als ich wieder kam, wurde ein Buch angeschaut. Ich dachte, wie schön, das ist ja gemütlich. Und stellte mir kurz vor wie alle auf den Matratzen in der Puppenecke sitzen und gemeinsam ein Buch lesen. Doch schnell holte mich die Realität ein. Die Kinder saßen in zwei Reihen. Die vordere auf Stühlen, die hintere auf den Tischen. Davor stand wie in der Schule die Erzieherin mit dem Buch in der Hand. Die Kinder saßen andächtig da und ihre Gesichtsausdrücke erinnerten mich an die vielen Bilder von Kindern vor dem Fernseher. Als ich die Tür öffnete bekam ich noch den Satz der Erzieherin mit. “Und das Buch das ich euch heute gezeigt habe, heißt xyz.” Großes “Hä?” bei mir.
Ich frage mich, ob ich dieses System Kindergarten wirklich für mein Kind will. Ob ich möchte, dass mein drei jähriges Kind so einen Alltag braucht. Ob er diesen Druck braucht sich da anzupassen, die vielen kleinen Regeln zu beachten und einzuhalten. Und ich frage mich, wie lange ich ihn da hinbringen kann, denn ich fühle mich nicht wohl damit. Gleichzeitig würde ich ihn sehr verletzen, wenn ich ihn wieder rausnehme. So hoffe ich, das nach der ersten Zeit die Begeisterung abflacht oder sich ein anderer Weg zeigt. Oder wir ankommen. Vor allem ich.