Es ist Sommer. Es ist warm. Ich ziehe mir einen Rock an und bin froh über die Leichtigkeit meiner Kleidung. Der kleine Mann sieht das und fragt mich, “was hast du da an?” Ja, es ist bei mir nicht der alltägliche Anblick. Ich im Rock. Es wird mehr, aber Hosen sind mir oft doch lieber. Ich antworte ihm schlicht, “ein Rock”. “Ich möchte auch einen Rock anziehen Mama.”
Schluck. Echt jetzt!? Das saß. Und ich dachte nach. Halte ich das aus? Kann ich damit umgehen, wenn mein Sohn einen Rock anziehen will. Erstmal wimmelte ich ihn belanglos ab. Irgendwie mit “ja wir schauen mal”. Oder so. In meinem Kopf ratterte es weiter. So frei bin ich also wirklich. Ich muss kräftig schlucken, bei diesem Wunsch. Eigentlich wollen wir doch unsere Kinder frei erziehen, ohne Gender Blabla.
Er hat Puppen, kocht gerne, geht mit seinen Puppen in der Trage spazieren, klettert, buddelt, kehrt und putzt. Alles kein Problem. Wenn er beim Buch lesen den Wunsch äußert Hebamme werden zu wollen, ist meine Antwort immer bestätigend. “Ja, klar kannst du Hebamme werden, du kannst alles werden was du willst.” Auch lila Schuhe hat er sich schon ausgesucht. Kein Problem. Aber das Kleid bzw. der Rock?
Ich entdecke Schranken in meinem Kopf, von denen ich hoffte sie gar nicht zu haben.
Beim Septembermädchen ist das gar kein Problem. Sie trägt Kleid und Hose bunt gemixt. Sie trägt die T-Shirts vom kleinen Mann, genauso wie zwei neue “Mädchen-T-Shirts”, die Hosen sind alle noch vom kleinen Mann. Egal. Traktor, Bagger, Fuchs und Igel. Blau, Blau und weiß, Orange, geringelt, grün und bunt. Alles zieht sie an. Auch lila und rosa. Alles eben. Und ich bin stolz auf dieses kleine Mädchen. Frech, laut, wild und unglaublich süß, so wie sie ist und sein darf.
Ich ziehe ihr ein Kleid über den Pulli und eine Hose drunter, denn es ist frisch. Der kleine Mann kommt noch im Schlafanzug rein. “Ich will auch ein Kleid anziehen Mama.” Gut. Ich ziehe die Schublade raus und hole ein noch etwas großes Kleid vom Septembermädchen raus. Er zieht es Freude strahlend an. Dazu sucht er sich seine Sporthose aus und eine blaue Jacke drüber. Zufrieden. Als wir auf den Markt gehen wollen, zieht er sich noch die Gummistiefel an, die Gefütterten.
So ziehen wir los. Und ich bin stolz. Auf meinen Sohn, der noch keine Schranken im Kopf hat. Der sein möchte und darf, wie er ist. Der ausprobiert, wie sich alles anfühlt. Der so die Welt wirklich kennen lernt. Und der meine Schranken löst und öffnet.
Danke, mein lieber Sohn!
Ein toller Artikel zum Thema ist in der Nido vom Juni 2016.