Tausend Kleinigkeiten erledigt eine Mutter oder ein Vater jeden Tag bei der Betreuung der Kinder. Sei es beim gemeinsamen Frühstück, anziehen, zum Kindergarten bringen oder den Vormittag gemeinsam gestalten, Mittagessen machen und gemeinsam essen, Mittagspause, Nachmittagsprogramm, Abendbrot und zu Bett gehen. Da fallen so viele kleine Handgriffe an, so viele Dinge wollen bedacht und dran gedacht werden. Nicht immer leicht. Darum helfen uns Rituale.
Beim morgendlichen Essen wird der Tag ganz routiniert besprochen. Auch das Zubereiten des Essens und das Essen selber ist dann eher einfach. Oft gibt es Müsli oder der Haferbrei wird schnell gekocht. Brote werden geschmiert. Rucksäcke und Ranzen kontrolliert. Die Handgriffe sitzen.
Auch Mittags ist der Ablauf klar. Nach dem Essen gibt es eine Pause. Je nach Müdigkeitsgrad und Zeit wird gelesen oder geschlafen. Ganz klar ist auch, nach der Pause gibt es etwas Obst. Danach geht es raus oder es stehen Nachmittagsaktivitäten an. Musikschule, Sport, Chor, Freunde treffen und und und. Rituale, klare Abläufe mit kleinen Abweichungen. So ist der Alltag strukturiert. Jeder weiß in etwa was als Nächstes kommt. Oft fällt es gar nicht auf, dass so viele Rituale und Standardabläufe unseren Alltag bestimmen. Meistens erst wenn sie nicht mehr ganz genauso sind wie sonst. Wenn irgendetwas anders ist. Dann funktioniert meist gar nichts.
So ist es gerade bei uns. Der Tag läuft super. Auch das Ausziehen und Waschen geht noch gut. Doch dann, dann läuft die letzten Tage alles aus dem Ruder. Der kleine Mann möchte nicht ruhig liegen bleiben, steht immer und immer und immer wieder auf. Das Septembermädchen krabbelt aus dem Bett oder schreit auf meinem Arm. Beide brauchen mich, doch ich kann nur eins auf einmal. In ein und dem gleichen Raum. Das Septembermädchen kann nicht zur Ruhe kommen, wenn der kleine Mann hampelt und Mist macht. Andersrum genauso. Der kleine Mann kann bei ihrem Gebrüll nicht schlafen. Zwischendrin steh ich und bekomm die Krise. Zu Viel. Alles. Bämm! Dann steh ich da, explodiert. Alles nur noch schlimmer. Denn dann ist definitiv zwei Mal Gebrüll und ich kann es immer noch niemandem recht machen. Nicht ihm, nicht ihr und erst recht nicht mir.
Dann heißt es schauen, hören und fühlen. Was ist jetzt eigentlich dran. Augen öffnen und zurück zu den Kindern in diesem Moment. Dann wird getröstet, geredet, gekuschelt, erzählt, gewiegt, gehalten und gesungen. Plötzlich: Ruhe. Frieden. Und ich frage mich, warum erst danach? Warum musste das wieder sein? Ich weiß doch, dass es nichts bringt und doch, es muss raus. Traurigkeit bleibt.
Wieder haben wir uns für morgen Besserung vor genommen. Besonders ich. Immerhin erkenne ich nun was uns fehlt. Der Halt der Rituale. Unsere tausend kleinen Kleinigkeiten.